Führungskräfte:Warum machen Chefs so viele Fehler?

Gute Mitarbeiter haben Verständnis dafür, warum der Chef Fehler macht und führen ihn von unten. Wie das geht, erklärt die Direktorin des Instituts für Führung und Personalmanagement an der Universität St. Gallen.

Nicola Holzapfel

Prof. Dr. Heike Bruch ist Direktorin des Instituts für Führung und Personalmanagement an der Universität St. Gallen.

Stromberg, ProSieben

Christoph Maria Herbst (r.) als Stromberg ist in der gleichnamigen Fernsehserie zum Symbol des unfähigen Vorgesetzten geworden.

SZ Wissen: Warum machen Chefs so viele Fehler?

Heike Bruch: Das liegt oft am falschen Rollenverständnis. Viele Führungskräfte sehen sich als Experte und für eine Sache verantwortlich. Die Sachaufgabe gehen sie wesentlich professioneller an als die Mitarbeiterführung. Das Verständnis "Ich bin Führungskraft" fehlt - und damit auch der Anspruch, systematisch zu führen.

Das liegt auch an der Ausbildung: Es gibt eine jahrelange Sachausbildung, während Führung, die eigentliche Hauptaufgabe, in Seminaren von zwei, drei Tagen abgehandelt wird.

Dazu kommt die heutige "Busyness", die Übergeschäftigkeit: Manager haben ständig zu viel zu tun. Sie arbeiten in kleinen Arbeitseinheiten und haken ihre Aufgaben im Sieben-Minuten-Rhythmus ab. Die Führung wird immer hintenan gestellt. Sie wird zur Holschuld der Mitarbeiter, das ist schlecht. Die Mitarbeiter gewinnen so den Eindruck, dass anderes immer wichtiger ist als sie.

SZ Wissen: Müssten die Firmen mehr tun?

Bruch: Es liegt an den Unternehmen, Mitarbeiterführung zu professionalisieren und vorzugeben: Wie soll hier geführt werden? Dazu gehört es, entsprechende Instrumente bereitzustellen wie Leistungsbeurteilungen und Führungsleitsätze. Und es geht darum, systematisch die richtigen Personen zu rekrutieren. Führungskräfte werden häufig auf Basis nicht transparenter Kriterien ausgewählt mit Schwerpunkt auf dem Fachwissen.

SZ Wissen: Manche Fehler scheinen einfach zu beheben zu sein, etwa durch mehr Lob.

Bruch: Da Führung so alltäglich ist und mit so vielen Kleinigkeiten zusammenhängt, ist es sehr schwierig, etwas zu ändern. Es fällt nicht leicht, wenn ich mein alltägliches Verhalten ändern möchte und mich immer daran erinnern muss, mehr zu loben.

Aber wenn ich eine bestimmte Systematik habe, dann habe ich auch Instrumente und Zeitfenster dafür. Wenn ich als Führungskraft weiß, wie ich eine Leistungsbeurteilung mache und wie ich Mitarbeitergespräche führe, dann kann ich das besser gestalten und auch die Wahrnehmung der Mitarbeiter - darum geht es ja - bewusst beeinflussen.

SZ Wissen: Wissen Chefs, dass sie Fehler machen?

Bruch: Nein. Sie sehen sich selbst anders. Wenn wir in Unternehmen bei Führungskräften zugleich Selbst- und Fremdbewertungen durch Mitarbeiter machen, gibt es regelmäßig eine Lücke. Das ist menschlich.

Aber entscheidend ist, dass Führungskräfte Interesse entwickeln, sich mit ihrem Fremdbild auseinanderzusetzen. Dazu gehört eine bestimmte Größe und Stärke. Häufig wird das Fremdbild jedoch nicht angenommen oder verharmlost oder die Mitarbeiter bekommen Ärger.

SZ Wissen: Kann jeder das Führen lernen?

Bruch: Man kann und muss in der Regel sogar lernen zu führen. Wirklich gute Führungskräfte fallen selten vom Himmel. Die Grundvoraussetzung ist, dass man Menschen mag und ein Interesse an ihnen hat. Jeder wird Führung auf seine Weise ausüben. Die einen sind extrovertiert, mit starkem Temperament, andere begeistern mit einem leisen Charisma. Wichtig ist, authentisch zu sein.

SZ Wissen: Was können Mitarbeiter tun, die einen schlechten Vorgesetzten haben?

Bruch: Sie dürfen nicht in eine Jammerposition verfallen. Gute Mitarbeiter haben Verständnis dafür, warum der Chef Fehler macht oder bestimmte Fehler hat. Sie müssen von unten führen. Das Wirksamste ist eine gute Vorbereitung der Argumente, Vorschläge muss man mit Fakten abstützen können. Und es geht zusätzlich darum, eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Durch Loyalität lässt sich das Vertrauen des Chefs gewinnen. Das verschafft Einfluss. Was dagegen nicht hilft, ist Koalitionen zu schmieden und den Chef unter Druck zu setzen.

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