Forschung - Chemnitz:Zentrum für kriminologische Forschung wird ein Jahr alt

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Chemnitz (dpa/sn) - Was denken Menschen über die Kriminalität in Sachsen und in Deutschland und wie nehmen sie Straftäter wahr? Seit rund einem Jahr beschäftigen sich Wissenschaftler am Zentrum für kriminologische Forschung Sachsen in Chemnitz mit Fragen rund um die Kriminalität. Der Institutsleiter Frank Asbrock hat eine positive Bilanz gezogen. "Ich bin da sehr, sehr zufrieden mit, weil wir es geschafft haben, dieses Forschungszentrum aufzuziehen. Das ist ein sehr engagiertes Team", sagte der Professor für Sozialpsychologie der Deutschen Presse-Agentur.

In Sachsen und auch teils darüber hinaus gebe es ein großes Interesse an der Forschung des Zentrums, das vom sächsischen Justizministerium gefördert wird. Derzeit arbeite das Team an gleich mehreren Projekten, die im August oder September angelaufen waren - darunter zum Beispiel eine repräsentative Befragung zur Wahrnehmung von Kriminalität und Sicherheit. Bei dieser Studie sollen 5000 Menschen aus Deutschland innerhalb von zweieinhalb Jahren mehrmals unter anderem dazu befragt werden, wie sie Straftäter wahrnehmen - und welche Punkte diese Einstellungen über die Zeit hinweg beeinflussen.

Zu diesem Aspekt gebe es bislang noch wenig wissenschaftliche Erkenntnisse in Deutschland, sagte Asbrock. "Das ist ein wichtiges Forschungsfeld: Wie gehen wir als Gesellschaft eigentlich mit Menschen um, die eine Zeit lang nicht Teil unserer Gesellschaft waren?" Häufig sei die Denkweise von Stereotypen getrieben.

Erste Erkenntnisse zeigten bereits allgemein: Obwohl die Kriminalität laut polizeilicher Kriminalstatistik zurückgeht, denken viele Befragte, dass sie steigt. "Es scheint einen Unterschied zu geben zwischen dem, was tatsächlich passiert - zumindest was registriert wird - und dem, was die Leute wahrnehmen", erklärte Asbrock. Ergebnisse aus der ersten Befragungswelle der umfangreichen Studie sollen im August kommen.

Ein anderes Projekt setze sich mit der Frage auseinander, wie Häftlinge in sächsischen Justizvollzugsanstalten (JVA) an Informationen kommen und wie Medien dazu beitragen können. Solche Zugänge seien wichtig, um Straftäter nach der Haft wieder in die Gesellschaft zu integrieren. "Die Vorstellung, die wir außerhalb von JVAs davon haben, sind sicherlich andere als die Realität", sagte der Wissenschaftler. Für das kommende Jahr habe das Team schon weitere Forschungsideen gesammelt - doch zunächst sollen die laufenden Projekte abgeschlossen werden.

Das Zentrum an der TU Chemnitz hatte im August 2021 seine Arbeit aufgenommen. Das von einem gemeinnützigen Verein getragene Institut forscht zu allen Teilbereichen der Kriminologie und Kriminalpolitik. Ein wichtiger Punkt ist den Worten Asbrocks zufolge dabei auch, die gewonnenen Erkenntnisse verständlich der Öffentlichkeit zu vermitteln.

© dpa-infocom, dpa:220725-99-144611/2

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