Der Mond ist kein günstiger Lebensraum für Menschen. Am Tag ist es auf der Oberfläche des Erdtrabanten bis zu 130 Grad Celsius heiß, nachts kühlt es auf minus 55 Grad Celsius ab. Weil der Mond weder eine Atmosphäre noch ein Magnetfeld besitzt, sind Astronauten dort ungeschützt gefährlicher Strahlung aus dem Weltraum ausgesetzt. Dennoch arbeiten die Nasa ebenso wie China und auch Russland an Plänen für dauerhafte Stützpunkte auf dem Mond. Eine Option dafür könnten Höhlen sein. Nun ist es einem Forscherteam aus Italien und den USA erstmals gelungen, den Zugang zu einer größeren Höhle auf dem Mond zu identifizieren.
Er liegt in einer tiefen, schachtartigen Grube auf der Mondoberfläche, einem sogenannten „Pit“. Von diesen haben Forschende auf Bildern von Mondsonden bislang bereits mehr als 200 entdeckt. Nach bisherigen Erkenntnissen handelt es sich um Öffnungen in Lavaröhren aus der Frühzeit des Mondes. Solche Röhren gibt es auch auf der Erde. Sie bilden sich, wenn dünnflüssige Lava unter geringer Neigung in Rinnen herabströmt. Die Lava erkaltet an der Oberfläche, und von den Rändern der Rinne her bildet sich langsam ein Deckel über dem Lavastrom. Versiegt schließlich der Lavastrom, bleibt eine leere Röhre zurück. Doch nun ist klar: Diese „Pits“ können mehr sein als nur Schächte.
Weltall:Achtung, der Mond schrumpelt
Der Erdtrabant wird kälter und kleiner und bekommt dabei Runzeln wie eine Rosine. Das kann zu Mondbeben, Staub- und Gerölllawinen führen - und könnte für Mondfahrer gefährlich werden, warnen Forscher.
„Bislang war unklar, ob die Einbrüche heute noch Zugang zu längeren Hohlräumen in den alten Lavaröhren bieten“, erläutern Leonardo Carrer von der Universität Trient in Italien und seine Kollegen. Das Team hat sich deshalb den mit einem Durchmesser von einhundert Metern größten bekannten Einbruch vorgenommen. Auf Radarbildern der Sonde Lunar Reconnaissance Orbiter aus dem Jahr 2010 wurden die Forscher schließlich fündig. Die Radarbilder zeigen eine 30 bis 80 Meter lange und 45 Meter breite Höhle, die vom sogenannten Mare Tranquillitatis Pit ausgeht, der größten bekannten Grube. Sie liegt in der Tiefebene Mare Tranquillitatis, in der 1969 mit der Mission Apollo 11 erstmals Menschen auf dem Mond landeten. Höhlen wären ideal für die Errichtung bemannter Mondstationen, da sie Schutz vor Strahlung und gemäßigte Temperaturen bieten, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt Nature Astronomy.
Mit der Methode ließe sich auch auf dem Mars nach Höhlen suchen
Die Radarbilder zeigen einen hellen Streifen, also eine stärkere Reflexion der Radarstrahlung, der sich vom Mare Tranquillitatis Pit aus nach Westen erstreckt. Mithilfe von Computern simulierte das Team die Reflexion von Radarstrahlen an unterschiedlichen Höhlen. Wie sich zeigte, lässt sich der helle Streifen durch einen in einer Tiefe von 130 bis 170 Metern liegenden Hohlraum erklären, der 45 Meter breit ist und sich möglicherweise bis zu 80 Meter weit von dem Pit aus unter der Mondoberfläche erstreckt.
Die Wissenschaftler betonen, dass das Radar des Lunar Reconnaissance Orbiter nicht darauf spezialisiert war, solche Höhlen aufzuspüren. Seine Auflösung sei zu gering, um bei anderen Pits nach Lavaröhren zu suchen. „Es war für uns deshalb nicht möglich, weitere Höhlen bei anderen Pits nachzuweisen“, so Carrer und seine Kollegen.
Doch der Nachweis bei der größten bekannten Grube auf dem Mond zeige, dass das Verfahren sich prinzipiell für eine solche Suche eigne. Mit Blick auf die Bedeutung solcher Hohlräume empfiehlt das Team daher, eine Sonde mit einem entsprechend spezialisierten Radargerät in die Mondumlaufbahn zu entsenden. „Ein vollständiger Katalog aller bekannten Pits würde uns zeigen, welche Stellen sich am besten für die Errichtung einer Mondbasis eignen“, so die Forscher. „Zudem lässt sich unsere Methode auch für den Mars anwenden“, heben die Wissenschaftler hervor. „Denn auch dort sind bereits über tausend solcher Gruben bekannt.“