Forscher auf Abwegen:Wodka-Fußbad und Hundedepression

Im Dienste der Wissenschaft schicken Forscher Versuchspersonen in Socken aufs Eis, lassen Mäuse an Hühnern riechen, Hunde Bier trinken und entmannen Kaninchen. Eine Auswahl der außergewöhnlichsten Projekte.

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Socken über Schuhen

Quelle: picture-alliance/dpa

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Mit Pfennigabsätzen sollte man Glätte generell meiden. Geht das nicht, ist man gut beraten, sich an innovative Lösungen wie diese Kreation der portugiesischen Designerin Sonia Pratas zu halten. Denn Wissenschaftler um Lianne Parkin von der Universität Otago in Neuseeland haben festgestellt, dass Passanten mit Socken über den Schuhen auf Glatteis seltener hinfallen. Die Methode hat nur einen einzigen Nachteil, schreiben die Forscher im New Zealand Medical Journal (Bd. 122, 2009): kurze Perioden der Erniedrigung.

Für diese außergewöhnliche Forschungsleistung erhielt die Gruppe im vergangenen Jahr den Ig-Nobel-Preis in der Kategorie Physik. Mit der Auszeichnung würdigt die Harvard-Universität in Cambridge (USA) besonders skurrile wissenschaftliche Studien.

IgNobelpreis für Sexforschung an Flughunden

Quelle: dpa

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Ein weiterer Ig-Nobel-Preis ging 2010 an Biologen um Min Tan vom Guangdong Entomological Institute im chinesischen Guangzhou für Erkenntnisse zum Oralverkehr unter Flughunden. In der Fachzeitschrift PLOS One (Bd. 4, 2009) berichteten die Forscher, dass manche Kurznasenflughund-Weibchen beim Sex vornübergebeugt am unteren Penisteil des Männchens lecken, was sich "verlängernd auf die Gesamtkopulationszeit" auswirke. Auch postkoitale Fellatio, in diesem Fall durch das Männchen, beobachteten die Wissenschaftler.

Ptich Drop Experiment

Quelle: University of Queensland/oh

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An der University of Queensland im australischen Brisbane findet seit 1927 das langweiligste Experiment der Welt statt. Damals wollte der erste Physikprofessor der Universität, Thomas Parnell, die seltsamen Eigenschaften von Pech untersuchen. Das Material, das aus Baumharz, Erdöl oder Holz gewonnen wird und früher zur Abdichtung von Schiffen verwendet wurde, wirkt bei Zimmertemperatur fest - tatsächlich aber fließt es, wenn auch sehr, sehr langsam. In Parnells Labor in Brisbane tut es das seither unter intensiver Beobachtung, und zwar aus einem Glastrichter in einen Behälter darunter. Mittlerweile betreut Parnells Nachfolger John Mainstone den Versuch (Foto). Bislang sind acht Tropfen gefallen, der nächste wird in den kommenden Jahren erwartet. Noch hat niemand einen Tropfen fallen sehen. Inzwischen filmt zwar eine Webcam das Experiment, aber beim letzten Großereignis, dem Tropfenfall im Jahr 2000, versagte die Technik.

Floh

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Dass die Kinderstube einen erheblichen Einfluss auf das spätere Leben hat, gilt als gesichert. Aber Mutter und Vater sollten auch auf ihre eigenen Lebensbedingungen und Ernährungsgewohnheiten achten. Denn auch diese können Folgen haben - zumindest wenn es sich bei den Eltern um Flöhe und beim Nachwuchs um die bekanntlich ja immer empfindlicheren Knaben handelt. Wie Forscher der Ben-Gurion-Universität des Negev in Israel festgestellt haben, hängt der Körperbau männlicher Jungflöhe vom Geschlecht des Wirts ihrer Eltern ab: Saugen diese das Blut männlicher Rennmäuse, wird der Nachwuchs größer. Andererseits entwickelt er sich schneller, wenn die Eltern stattdessen bei einer weiblichen Rennmaus einkehren. Bei weiblichen Nachkommen hat sich dagegen kein Unterschied gezeigt (Journal of Experimental Biology, Bd. 213, S. 3299, 2010).

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Mit den Besuchen beim Direktor, denen rebellische Kinder in der Schule ausgesetzt sind, haben sich Wissenschaftler um Scott Spaulding von der Universität von Oregon in Eugene, USA, beschäftigt. Endlich herrscht jetzt Klarheit in der Frage, warum der Nachwuchs in das gefürchtete Büro zitiert wird: In jungen Jahren sind meist Raufereien zwischen Kindern die Ursache, in mittleren Schuljahren eher Streit mit dem Lehrer. Gegen Ende der Schulzeit resignieren die betroffenen Schüler offenbar und müssen sich vor allem wegen Zuspätkommen und Schwänzen ermahnen lassen. Möglich wurde die im Journal of Positive Behavior Interventions (Bd. 12, S. 69, 2010) veröffentlichte Studie durch das elektronische Erfassungssystem, das in den USA mehr als 1500 Schulen verwenden.

Leuchtbeagle

Quelle: AP

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Es ist doch ärgerlich mit Hunden, ständig verlegt man sie und nachts findet man sie dann nicht wieder. Umso erfreulicher, dass Forscher um Lee Byeong-Chun von der Seouler Nationaluniversität (SNU) Hunde geschaffen haben, die im Dunkeln leuchten, wenn sie vom Strahl einer UV-Lampe erfasst werden. Die Gene, die die Tiere leuchten lassen, schleusten die Forscher in das Erbgut von Hautzellen eines Beagles ein. Die so manipulierte DNS wurde in Eizellen injiziert und diese wiederum einer Leih-Hundemutter eingepflanzt, die daraufhin im Jahr 2007 sechs weibliche Beagle-Klone zur Welt brachte. Die leuchtenden Hunde sind indes kein Selbstzweck: Mit ihrer Arbeit erproben die Forscher Klontechniken, die dereinst auch in der Heilung schwerer Krankheiten nützlich werden könnten. Und das Strahlen der Tiere belegt den Erfolg der Arbeit.

Huhn im Bad

Quelle: AP

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Wissenschaftler der schwedischen Linköping-Universität haben sich eines sträflich vernachlässigten Forschungsfelds angenommen. Sie konfrontierten Mäuse mit dem Körpergeruch von Bankivahühnern, eine Kammhühnerart, die in Ost- und Südostasien vorkommt und von der auch das moderne Haushuhn abstammt. Die Mäuse waren darauf trainiert, mit einem automatischen Olfaktometer umzugehen: Dieses Gerät präsentierte ihnen jeweils erst einen Geruch und dann andere, unter denen sie den ersten identifizieren sollten. Alle vier Mäuse konnten zwischen allen zwölf Hühnerdüften unterscheiden. Die ursprüngliche These der Forscher, dass der Körpergeruch etwas mit der sozialen Stellung der Hühner zu tun haben könnte, ließ sich jedoch nicht bestätigen (Journal of Experimental Biology, Bd. 213, S. 1619, 2010). Ob Hühner mit Zugang zu sanitären Einrichtungen (Bild) weniger charakteristisch riechen, ist nicht bekannt.

Fußbad

Quelle: SZ

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Es gibt viele Arten, betrunken zu werden; beispielsweise durch das Einatmen alkoholgeschwängerter Dämpfe oder den Konsum von einigen hundert Rumkugeln. Ein Fußbad in Wodka gehört jedoch entgegen einer weitverbreiteten Annahme nicht dazu, wie dänische Wissenschaftler jetzt festgestellt haben (British Medical Journal, Dezember 2010, online). Die Mediziner vom Krankenhaus in Hillerød nördlich von Kopenhagen ließen drei erwachsene Freiwillige ein Fußbad in unverdünntem Karloff-Wodka nehmen. Alle halbe Stunde wurde den Testpersonen Blut abgenommen, zusätzlich beurteilten sie ihr subjektives Trunkenheitsgefühl. Das Ergebnis ließ keinen Raum für Zweifel: Auch nach drei Stunden intensiven Fußplanschens in Wodka war kein Ansteigen des Blutalkoholspiegels erkennbar.

Auf einen Schlag 17 Welpen

Quelle: dpa

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Das Problem kann man gar nicht ernst genug nehmen: Nahezu jeder zweite britische Hund leidet einer Schätzung von Wissenschaftlern der Universität Bristol zufolge unter Trennungsangst. Die kann sich auf unterschiedliche Weise äußern: Manche Hunde bellen übermäßig, machen Kleinholz aus der Wohnung oder werden zum Bettnässer, wenn sie allein gelassen werden. Aber wie steht es um die Psyche dieser Tiere, wenn sie wieder mit ihrem Menschen vereint sind?

Das Team um Michael Mendl ist dieser Frage nachgegangen. Die Forscher boten den Tieren einen Fressnapf an, ohne dass diese erkennen konnten, ob er Futter enthielt. Hunde mit Trennungsangst rannten langsamer auf den Fressnapf zu, so als gingen sie schon davon aus, dass er für sie ohnehin nichts als Enttäuschungen bereithalten könne. Die Wissenschaftler werten dies als klares Zeichen für Depressionen (Current Biology, Bd. 20, S. 839, 2010).

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Quelle: AP

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Wer bei der nächsten Reise in eine Gegend, in der Dialekt gesprochen wird, das Idiom der indigenen Bevölkerung nachahmt, sollte sich von etwaigen Wutausbrüchen seiner Gastgeber nicht beirren lassen: Auch der unqualifizierte Gebrauch von Lauten, die dem lokalen Dialekt angepasst sind, dient der Verständigung. In der Online-Ausgabe der Zeitschrift Psychological Science berichteten Wissenschaftler um Patti Adank von der Universität von Manchester im Dezember 2010 von Versuchen, in denen Probanden ihr Sprachverständnis unter Beweis stellen sollten. Studienteilnehmer, die Sätze eines Sprechers wiederholten und dabei dessen Akzent imitierten, verbesserten ihr Dialektverständnis dabei am deutlichsten.

Hasenkunstpenis

Quelle: PNAS/Wake Forest University

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Entmannte Kaninchen haben Forscher an der Wake Forest University im US-Bundesstaat North Carolina geheilt. Die Gruppe um Anthony Atala züchtete auf einer Collagen-Schicht aus einigen Zellen ein wichtiges Element der Manneskraft: den Schwellkörper, das Geflecht aus Gefäßen im Penis, das sich bei einer Erektion mit Blut füllt. Die künstlichen Schwellkörper pflanzten sie zwölf Kaninchenmännchen ein, die zuvor ihrer natürlichen Ausstattung beraubt worden waren. Acht davon konnten nach der Operation wieder ejakulieren, vier zeugten sogar Nachwuchs (PNAS, Bd. 107, S.3346, 2009). Langfristig arbeitet die Gruppe um Atala daran, auch für den Menschen funktionsfähige künstliche Organe zu züchten.

TO ACCOMPANY FEATURE BC-IRELAND-GUINNESS

Quelle: Reuters

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 "Guinness is good for you", lautete ein legendärer Werbeslogan. Aber trifft die vollmundige Behauptung zu? Tatsächlich scheint etwas dran zu sein: US-Forscher der Universität von Wisconsin, Madison, verabreichten acht Hunden mit verengten Arterien dunkles Bier. Eine Kontrollgruppe von weiteren acht Hunden bekam helles Bier zu trinken. Anschließend zeigte sich, dass die erste Gruppe eine deutlich erhöhte Konzentration von Flavonoiden im Blut hatte, Moleküle, die auch für die angeblich positiven Effekte von Rotwein und Traubensaft verantwortlich sind. Sie sollen der Verengung oder Verstopfung der Blutgefäße und damit Infarkten entgegenwirken. Das helle Bier, das die Kontrollhunde konsumierten, hatte keinen solchen Effekt. Von ihren Versuchen berichteten die Forscher auf einer Tagung der American Heart Association 2003 in Orlando, Florida. Experten raten trotz der Beobachtung davon ab, Bier der Gesundheit wegen zu trinken. Es enthält schließlich auch Alkohol und ziemlich viele Kalorien.

© sueddeutsche.de/mcs
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