Aus den fettigen Abdrücken auf dem spiegelglatten Display eines Mobiltelefons lässt sich einiges herauslesen. Zum Beispiel ob der Besitzer ein Mann oder eine Frau ist oder welches Shampoo die Person zum Haarewaschen benutzt. Außerdem verraten die Spuren, welche Medikamente der Besitzer schluckt - und wie gewissenhaft.
Jeder Fingerabdruck hinterlässt nicht nur das Rillenmuster des Hautreliefs, sondern auch eine Vielzahl von Chemikalien, die Forensiker identifizieren können. Nun hat ein internationales Forscherteam eine Methode entwickelt, um die chemische Interpretation des Fingerschmiers zu verfeinern. Im Fachjournal PNAS schreibt die Gruppe, wie sich aus den minimalen menschlichen Spuren auf glatten Oberflächen Rückschlüsse auf dessen Lebensweise ziehen lassen.
Der Besitzer ist depressiv, verwendet Sonnencreme und sprüht sich mit Mückenmittel ein
Als "Haut-assoziierte Lebensstil-Chemikalien" bezeichnet Amina Bouslimani von der University of California in San Diego, was sie und ihre Kollegen auf Alltagsgegenständen entdeckt haben. Von 39 Probanden nahmen sie Abstriche von den Händen und vom Mobiltelefon. Allein anhand der chemischen Spuren auf der Geräteoberfläche konnten die Forscher die Telefone ihren Besitzern zuordnen. Wischproben von der Rückseite des Geräts lieferten dabei bessere Ergebnisse - mit einer Trefferquote von bis zu 85 Prozent.
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Noch spannender wurde es, als Bouslimanis Team überprüfte, was für Chemikalien sie auf den Oberflächen gefunden hatten. Die Forscher wiesen Arzneimittelrückstände nach, unterschieden verschiedene Kosmetikprodukte und identifizierten Umweltchemikalien. Bei einer Versuchsperson fanden sie Rückstände von Sonnen- und Feuchtigkeitscremes, Parfum und Insektenschutzmittel.
Aus diesem chemischen Profil lasse sich folgern, dass die Spuren recht wahrscheinlich von einer Frau stammen, die sich viel im Freien aufhält. Bei einem anderen Probanden entdeckten die Chemiker mithilfe ihres Massenspektrometers, das Chemikalien anhand ihres Molekulargewicht unterscheiden kann, Spuren eines Antidepressivums und von Kunststoffweichmachern. In einem weiteren Fall spürten die Forscher Haarwuchsmittel, Koffein und Hautcremes auf.
Ein Fingerabdruck wie ein Lebenslauf
Bereits früher war es Forensikern gelungen, in Fingerabdrücken Chemikalienreste nachzuweisen. Auch Krankheiten hinterlassen eine eigene chemische Signatur im Fingerabdruck, die sich messen lässt. Damit die Methode aber wirklich nützlich wird, müssten Datenbanken mit Referenzwerten aufgebaut werden, in denen die Fahnder abgleichen können, was ihre Massenspektrometer in den Proben gefunden haben. Bouslimanis Team konnte bislang nur 2,3 Prozent der Chemikalien eindeutig identifizieren, weil sie nur diese in den bestehenden Datenbanken finden konnten.
Bouslimani und ihre Kollegen bezeichnen die Arbeit als Machbarkeitsstudie. Künftig könnte die Methode Forensikern helfen, sehr detaillierte Profile gesuchter Täter zu erstellen. Ein Fingerabdruck ließe sich vielleicht fast so lesen wie ein Lebenslauf. Die Chemiker sehen darin auch einen Weg, um etwa zu kontrollieren, ob Patienten ihre Medikamente regelmäßig einnehmen, ohne ihnen Blut abnehmen zu müssen. Oder um die Belastung eines Menschen mit gesundheitsgefährdenden Chemikalien zu messen.