Süddeutsche Zeitung

Folgen des Klimawandels:Modelle der Klimaforscher zeigen große Übereinstimmung

Das Klima ändert sich - doch welchen Folgen das hat, scheint häufig unklar. Nun haben etliche Klimaforscher aus aller Welt ihre Daten zu Dürreperioden, Ernten, Überflutungen verglichen und viele Gemeinsamkeiten in ihren Aussagen gefunden.

Von Christopher Schrader

Zwanzig Prozent teurere Lebensmittel bis 2050 - das ist eine Aussage über den Klimawandel, die jeder sofort versteht. Da muss man nicht überlegen, ob eine Erwärmung um drei Grad vielleicht doch ganz angenehm ist, oder was es bedeutet, wenn es im Sommer zehn Prozent weniger regnet.

Neben den Angaben über meteorologische Umstände erstellt die Klimaforschung seit längerem Hochrechnungen darüber, was sich auf den Feldern und in den Brunnen tun dürfte, wenn sich die Erde weiter erwärmt. Jetzt haben diese Computermodelle eine neue Stufe erreicht: Mehr als 30 Forschergruppen aus aller Welt haben die Ergebnisse ihrer Simulationsrechnungen systematisch verglichen und viele Gemeinsamkeiten in ihren Aussagen gefunden.

Ein solcher Vergleich, finden viele Klimaforscher, war überfällig. "Wenn mehrere Arbeitsgruppen auf verschiedenen Wegen zu Ergebnissen kommen, die sehr ähnliche Trends zeigen, sind sie höchstwahrscheinlich auf dem richtigen Weg", sagt Lila Warszawski vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, die an der Koordination des ISI-MIP genannten Vergleichs beteiligt war.

Klimaforscher haben nun Argumente, wenn Kritiker ihnen vorhalten, ihre Modelle produzierten unüberprüfbare Aussagen über die Zukunft ohne Anbindung an die Realität. Neun wissenschaftliche Aufsätze hierzu erscheinen jetzt in der Fachzeitschrift PNAS (online); acht weitere haben Teilnehmer des Vergleichsprojekts bei anderen Journalen untergebracht.

Alle beteiligten Forschergruppen hatten sich darauf geeinigt, ihre Rechenverfahren für Erntemengen, Dürreperioden oder die Entwicklung der Vegetation mit den gleichen Klimadaten zu füttern. Diese stammten von fünf globalen Klimasimulationen, die jeweils vier Szenarien durchgerechnet hatten, wie sich die Emissionen von Triebhausgasen im 21. Jahrhundert entwickeln.

"So zeigt sich auch, wo sich die Folgen des Klimawandels überlappen und womöglich gegenseitig verstärken", sagt Warszawski. Zu den Regionen, die in dem Vergleich mehrfach getroffen werden, gehören neben Äthiopien und dem brasilianischen Amazonasgebiet auch der Süden der Alpen von Frankreich bis Slowenien.

Große Einigkeit

Die Aussage, dass der Getreideertrag bei beschleunigtem Klimawandel schon 2050 um elf Prozent sinken und damit die Preise um 20 Prozent steigen könnten, ergibt sich zum Beispiel im Zusammenspiel von zwei Klima-, fünf Ernte- und neun Wirtschaftsmodellen. Eine zusätzliche Milliarde Menschen dürfte gravierende Einschränkungen ihrer Wasserversorgung erleben, ergab der Vergleich von elf Simulationsrechnungen.

Große Einigkeit zwischen den Arbeitsgruppen herrschte auch beim Thema Hochwasser in Flüssen. Mehr als 35 von 45 einzelnen Berechnungen haben ergeben, dass in großen Teilen Indiens und Südostasiens sowie in Süd-Brasilien und den nördlichen Anden die zu erwartenden Überschwemmungen heftiger werden. In Osteuropa dürften sie mit einer ähnlichen Gewissheit milder ausfallen.

Doch nicht in allen Fällen gab es so viel Einigkeit. Manche der Gruppen stellen ernüchtert fest, dass ihre unterschiedlichen Ideen die Unsicherheit über die Folgen des Klimawandels eher zu vergrößern schienen. Dass manche Regionen zum Beispiel viel mehr Dürretage als bisher erleben, konnten die Forscher nur im Mittelmeerraum, der Türkei, dem Süden Chiles und Australiens belegen. In anderen Regionen ist das Ergebnis nicht deutlich genug, die Rechnungen widersprechen sich teilweise.

Auch wenn das frustrierend ist, bietet es zwei Vorteile. "Wenn man nur ein Modell hätte, das nur eine Zahl liefert, sieht es vielleicht wie eine sichere Aussage aus. Man könnte aber vollkommen daneben liegen, ohne es zu wissen", sagt Lila Warszawski.

Der Vergleich liefert dann einen Anhaltspunkt dafür, wie sicher sich die Wissenschaftler ihrer Ergebnisse sein dürfen - das ist für Forscher stets eine wichtige Größe. Stellt sich heraus, dass die Übereinstimmung zwischen verschiedenen Modellen klein ist, liefert der Vergleich womöglich Hinweise, woran es hapert und was zu verbessern wäre. "Wo die konkreten Zahlenwerte voneinander abweichen, zeigen sie zumindest die Spannweite der möglichen Veränderungen - und der Risiken eines ungebremsten Klimawandels", so Warszawski.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1845488
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 17.12.2013/mcs
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.