Die Deutschen hat das Mückenfieber gepackt. Noch ist das keine ernst zu nehmende Krankheit, aber ein um sich greifendes Phänomen: Viele Deutsche sammeln Mücken oder erschlagen sie, um dann - bevor die Plagegeister ihren Durst löschen - ihren eigenen Wissensdurst zu stillen: Was wollte mich da eigentlich piksen? Rund 2000 Personen haben ihre erlegten Blutsauger im Rahmen des im April begonnenen Mitmach-Projekts " Mückenatlas" an das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) geschickt.
Damit trugen sie zu einer beunruhigenden Erkenntnis bei. Eine neue, aggressive Art hat sich hierzulande angesiedelt. " Die Asiatische Buschmücke erobert Deutschland", meldete das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) am Montag, das zusammen mit dem ZALF den Mückenatlas betreibt.
Zunächst dachten die Wissenschaftler noch an Zufall. Aber dann kamen im Sommer gleich fünf Briefe mit Buschmücken aus dem Bonner Raum. Da sind die Forscher auf Kirchhöfe in der Gegend ausgezogen. "Friedhöfe sind als Mückenhabitate bekannt", sagt die Insektenspezialistin Doreen Werner vom ZALF. Die Tiere lieben die ständig mit Wasser gefüllten Gießkannen dort. Auf 36 von 123 Friedhöfen zwischen Köln und Koblenz fanden die Wissenschaftler Buschmücken.
Hintergrund der Invasion ist neben dem Handel mit Asien und den Reisen um die Welt wahrscheinlich auch der Klimawandel. "Weil das Klima wärmer und feuchter wird, fühlen sich die fremden Mücken bei uns wohler", sagt Sven Klimpel, Parasitologe am Forschungszentrum Biodiversität und Klima in Frankfurt.
Welche Folgen die neuen Siedler für das Ökosystem haben, ist noch unklar. Für den Menschen aber können sie unangenehm werden. Denn Buschmücken übertragen das West-Nil-Virus und weitere in Europa seltene Krankheitserreger, die eine Enzephalitis (Gehirnentzündung) auslösen. Anders als die rund 50 heimischen Mückenarten laben sich Buschmücken sowohl an Vögeln als auch an Säugetieren und Menschen. "So kommt es leicht zur Übertragung von Viren zwischen verschiedenen Arten", sagt Werner.
Wesentlich dramatischer wäre es, meinen die Entomologin und ihr Kollege Helge Kampen vom FLI, wenn sich die Asiatische Tigermücke hier ansiedeln würde. Die Verwandte der Buschmücke kann so schwere Leiden wie Dengue- oder Chikungunya-Fieber mitbringen. Tigermücken haben sich bislang aber nur vereinzelt in Fallen verirrt, die Forscher in Süddeutschland entlang der A 5 aufgestellt haben. "Wahrscheinlich sind sie als blinde Passagiere im Auto aus Italien eingereist", so Werner. Dort sind Tigermücken bereits heimisch; es gab sogar schon Fälle von Chikungunya-Fieber, das wegen der mit ihm verbundenen Gelenkbeschwerden auch "Gebeugter Mann" heißt.
Von "Besorgnis" will die Entomologin trotz allem nicht reden. "Aber man sollte ein Augenmerk auf die Mücken haben", sagt sie. Sie appelliert an die Deutschen, ihr weiter Insekten zu schicken: "Jede Mücke zählt." Für den Laien seien die Tiere ohnehin kaum zu unterscheiden. Die asiatischen Mücken sind genauso groß wie die deutschen. "Auch wenn man gestochen wird", sagt Werner aus leidvoller Erfahrung, "kann man keinen Unterschied feststellen."