Süddeutsche Zeitung

Flugzeugbau:Schalldämpfende Flugzeugwände könnten Flugreisen leiser machen

Das Dröhnen von Flugzeug- Triebwerken dringt ungedämpft durch die Leichtbauwände der Kabinen. Dünne Schichten von Latex könnten tiefe Töne stoppen, ohne die Maschinen zu schwer zu machen.

Von Andreas Wenleder

Um das Dröhnen der Turbinen von Passagierflugzeugen zu verringern, wollen Forscher aus den USA dünne Latexmembranen in die Wände einziehen. Sie planen damit, einen Zielkonflikt zu lösen: Flugzeugkonstrukteure müssen das Flugzeug möglichst leicht bauen, denn jedes zusätzliche Kilogramm erhöht den Treibstoffverbrauch.

Deshalb nutzen die Hersteller beim Bau von Flügeln und Kabinen ein Material, dessen Struktur an die Waben in einem Bienenstock erinnert. Mehrere Schichten dieser Wabenstruktur liegen wie in einem Sandwich übereinander, das Material ist dadurch leicht und gleichzeitig sehr stabil. Den Schall lässt es jedoch fast ungehindert durch.

Forscher der North Carolina State University und des Massachusetts Institute of Technology haben nun im Fachblatt Applied Physics Letters (Bd. 106, Nr. 171905, 2015) eine Methode vorgestellt, die den Lärm besser dämpfen kann. Zwischen zwei Lagen des Materials mit der Wabenstruktur zogen sie eine dünne Latexschicht ein.

Die Intensität sinkt auf bis zu ein Hunderttausendstel

Obwohl die Schicht nur einen Viertel Millimeter dick ist, kam viel weniger Schall durch die Wand als bei der bisherigen Bauart ohne Latex. Vor allem tiefe Töne filtert die Gummischicht zuverlässig. Die Intensität der Frequenzen unter 500 Hertz sank um bis zu 50 Dezibel, auf ein Hunderttausendstel.

Der Effekt beruht dabei nicht auf einer einfachen Dämpfung der Schallwellen. In den Waben eingebettet verändert das Latex die akustischen Eigenschaften. Forscher sprechen in einem solchen Fall von einem Metamaterial.

Die Isolierung erhöht allerdings das Gewicht der Wandkonstruktion um sechs Prozent - vielleicht zu viel für die Leichtbau-Enthusiasten in der Luftfahrt. Eine leichtere und dünnere Latexschicht wäre aber möglich. Diese würde den Schall von außen zwar weniger stark reduzieren, für die Forscher wäre das aber ein vertretbarer Kompromiss: "Manche Passagiere sagen, sie wollen die Geräusche der Turbinen noch hören", sagte der am Projekt beteiligte Akustiker Yun Jing dem Wissenschaftsmagazin Scientific American. "Es gibt ihnen das sichere Gefühl, dass das Flugzeug noch fliegt."

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Quelle:
SZ vom 08.05.2015/mahu
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