Flugsaurier:Wenn der Herrscher der Lüfte kaum fliegen kann

Flugsaurier: Großer Schnabel, langer Hals: So dürfte der Quetzalcoatlus ausgesehen haben.

Großer Schnabel, langer Hals: So dürfte der Quetzalcoatlus ausgesehen haben.

(Foto: Pawel Opaska/PantherMedia)

Im Film "Jurassic World" nimmt es der gigantische Quetzalcoatlus mit Flugzeugen auf. In Wirklichkeit war der Flugsaurier ein sehr schlechter Flieger.

Von Jakob Wetzel

Eine Warnleuchte im Cockpit leuchtet auf, ein Schrei, und schon ist er da. Ein riesiger Flugsaurier stürzt vom Himmel, greift das Flugzeug der Helden an, zerfetzt dessen Turbinen mit seinem meterlangen Schnabel und hebt wieder ab. Universal Pictures wirbt mit dieser Szene für den sechsten Teil der Jurassic-Park-Filmreihe. Und schon dieser Vorgeschmack macht klar: Herrscher der Lüfte sind in dem Film gigantische Flugechsen.

"Jurassic World: Ein neues Zeitalter" kommt im Juni in die deutschen Kinos. Es gibt in allen Filmen der Reihe wissenschaftliche Unschärfen; so waren die meisten Dinosaurier zum Beispiel wohl keine grünbraun-schuppigen Wesen wie dargestellt, sondern gefiedert und knallbunt. Doch speziell bei dieser Szene dürften einige Wissenschaftler aus Japan und Frankreich nun die Stirn runzeln. Sie haben die Aerodynamik verschiedener Urzeit-Giganten untersucht und folgern in der Zeitschrift PNAS Nexus: Ausgerechnet dieser Flugsaurier hätte wohl nie irgendeinen Luftraum beherrscht. Er konnte nur mehr schlecht als recht fliegen. Die meiste Zeit verbrachte er auf dem Boden.

Der gezeigte Flugsaurier ist ein Quetzalcoatlus; die Gattung ist benannt nach einem mittelamerikanischen Gott, der oft als gefiederte Schlange dargestellt wird. Quetzalcoatlus gilt mit einer Flügelspannweite von mehr als zehn Metern als größter bekannter Flugsaurier und lebte in der Oberkreide, war also ein Zeitgenosse von Tyrannosaurus und Triceratops. Und wie diese starb er vor 66 Millionen Jahren nach einen Asteroideneinschlag aus.

Offenbar sprang das Tier mit allen vieren in die Luft, um abzuheben

Der Flug des Quetzalcoatlus gibt Forschern schon lange Rätsel auf. Wie gelang es dieser riesigen Echse, die nach jüngeren Schätzungen rund 250 Kilogramm wog, zu fliegen? Schon der Start erscheint schwierig: Der Quetzalcoatlus ähnelt stehend einer Giraffe; wegen seiner relativ kurzen Beine war sein Rumpf wohl zu nahe am Boden, als dass das Tier effektiv mit den Flügeln hätte schlagen können. Sprang er also für den Start von einer Klippe, oder rannte er wie ein Gleitschirmflieger einen Abhang hinab? Zuletzt hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass der Quetzalcoatlus mit allen vieren in die Luft sprang, um abzuheben. Doch wenn er erst einmal oben war, wie blieb er oben? Flatterte er wie eine Fledermaus? Bei seiner Größe, urteilten Forscherinnen und Forscher schon vor Jahren, wäre das unverhältnismäßig anstrengend gewesen. Sie gingen davon aus, dass die Tiere durch die Luft glitten und segelten sowie Aufwinde nutzten wie ein heutiger Adler oder Geier.

Doch auch damit war es beim Quetzalcoatlus offenbar nicht weit her. Wissenschaftler um Yusuke Goto vom französischen Forschungszentrum CNRS haben berechnet, wie gut moderne und ausgestorbene Vögel sowie die Flugsaurier Pteranodon und Quetzalcoatlus in der Lage waren, Aufwinde zu nutzen, um in die Lüfte emporzusteigen. Alle untersuchten ausgestorbenen Tiere waren demnach ziemlich gute Segelflieger. Der Quetzalcoatlus aber fiel aus der Reihe. Während alle anderen laut den Berechnungen bei thermischen Aufwinden mühelos nach oben stiegen, kreiselte der Riese nach unten.

Der Quetzalcoatlus war einfach zu schwer. Auf seinen Flügeln lastete zu viel Gewicht, und im Gleitflug sank er zu schnell nach unten, als dass er Aufwinde zum Aufsteigen hätten nutzen können. Bislang habe man gedacht, die Flugechse habe im Segelflug zehntausend Meilen zurücklegen können, ohne den Boden zu berühren, erklären die Forscher. Tatsächlich schnitt er mit seinen Flugeigenschaften sogar schlechter ab als die heutigen Riesentrappen - das sind bis zu knapp 20 Kilogramm schwere afrikanische Vögel, die vor allem auf dem Land leben und nur im Notfall fliegen, um Jägern zu entkommen. So ähnlich stellen sich die Wissenschaftler auch das Verhalten des Quetzalcoatlus vor. Der spazierte demnach meist über die Erde, auf Beinen und Flügelarmen. Um zu jagen oder zu fliehen, konnte er für kurze Strecken durch die Luft flattern. Mehr ließ sein Gewicht nicht zu.

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