Fledermäuse:Gucken, wie der Nachbar frisst

Lophostoma silvicolum beim Fressen.

Von der Fledermausart Lophostoma silvicolum, die hier frisst, kann die Fransenlippenfledermaus so einiges lernen. Zum Beispiel, welche Kröten genießbar sind.

(Foto: Krista Patriquin)
  • Fledermäuse lernen von anderen Fledermäusen, was sie neben ihrer gewohnten Beute noch alles fressen können.
  • Das funktioniert sogar, wenn es sich um zwei verschiedene Fledermaus-Arten handelt.
  • Die Bereitschaft zum Arten-übergreifenden Lernen findet sich nicht nur unter Fledermäusen, sondern auch bei Zebras und Streifengnus oder Tungara-Fröschen.

Von Katrin Blawat

Manchmal braucht es einen Fremden, um auf einen neuen Geschmack zu kommen. Das gilt auch für die in Südamerika heimische Fransenlippenfledermaus. Sie lässt sich nicht nur von Artgenossen, sondern auch von Vertretern einer anderen Fledermaus-Spezies beibringen, welche Tiere sich als Beute eignen, berichtet ein Team um Krista Patriquin von der University of Toronto Mississauga in Ontario im Fachmagazin Science Advances.

Die Fransenlippenfledermaus frisst mit Vorliebe kleine Frösche. Aga-Kröten entsprechen dagegen eigentlich nicht ihrem Beuteschema. In den Experimenten der Biologen ließen sich Fransenlippenfledermäuse jedoch von "Lehrern" beibringen, auch die Rufe von Aga-Kröten mit Beute zu verbinden. Dabei spielte es kaum eine Rolle, ob die Lehr-Fledermäuse der gleichen oder einer anderen Art angehörten. Die meisten Testtiere ahmten in beiden Fällen das Verhalten der Lehr-Fledermäuse nach und näherten sich einem Lautsprecher, aus dem Kröten-Rufe kamen.

Doch merken die Testtiere überhaupt, um wen es sich bei ihren Lehrern handelt? Können sie zwischen der eigenen und einer fremden Art unterscheiden? Ja, durchaus, haben frühere Studien und Beobachtungen im Freiland gezeigt. So leben zwar häufig viele Fledermausarten in enger Nachbarschaft zusammen, dennoch bildet dabei jede Spezies ihre eigene, kleine Gruppe. Doch wenn es um überlebenswichtige Belange geht, kann es sich lohnen, sich auch an anderen als nur an der eigenen Sippe zu orientieren.

Besonders wichtig wird das zum Beispiel, wenn die Population einer Art stark geschrumpft ist und es daher kaum noch potenzielle "Lehrer" gibt. Vor diesem Hintergrund überrascht es kaum, dass sich die Bereitschaft zum Art-übergreifenden Lernen nicht nur unter Fledermäusen findet. Laut einer Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2015 ist dieses Verhalten von mindestens 70 Wirbeltierarten bekannt. So werden Zebras und Streifengnus wachsam, wenn sie den Alarmruf eines Bärenpavians hören, während sie auf andere Rufe dieser Primaten kaum achten. Tungara-Frösche reagieren zwar am stärksten auf die warnenden Töne von Artgenossen, doch auch die Alarmrufe einiger anderer Froscharten lassen sie aufmerken. Wie dieses und zahlreiche weitere Beispiele zeigen, nutzen viele Tiere fremde Arten vor allem dann als Informationsquellen, wenn die eigene Spezies gerade nichts zu sagen hat.

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