Feinstaub-Grenzwerte:Dicke Luft in der Umweltzone

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Nutzen die städtischen Umweltzonen etwas? Kritiker bezweifeln das, denn Rußfilter und Fahrverbote konnten nicht verhindern, dass 2011 die Grenzwerte für Feinstaub überschritten wurden.

Michael Bauchmüller

Für die deutsche Feinstaub-Statistik müssen es wieder schreckliche Tage sein. Bei klirrender Kälte laufen Deutschlands Öfen und Heizungen, und der Wind bläst nur sacht: Da schießen die Feinstaubwerte nach oben.

Trotz Umweltzonen, in denen nur Fahrzeuge mit einem bestimmten Schadstoffausstoß fahren dürfen, sind die Feinstaubwerte 2011 überschritten worden. (Foto: dpa)

Glaubt man den Zahlen des Umweltbundesamtes, dann haben Tage wie diese, mit "austauscharmen Hochdruckwetterlagen", 2011 zu einem Jahr voll dicker Luft gemacht. Reihenweise riss die Feinstaub-Konzentration in deutschen Städten die zulässigen Grenzwerte. "Über alle Stationen hinweg traten bis Anfang April des Jahres 2011 so viele Überschreitungstage auf wie sonst bis zum Herbstende", heißt es in einer vorläufigen Auswertung der Luftqualität durch das Bundesamt. Und das trotz der vielen Umweltzonen.

Denn gerade wegen überschrittener Grenzwerte haben Städte und Ballungsräume seit 2005 mehr als 50 sogenannte Umweltzonen eingeführt. Dort dürfen nur Fahrzeuge hineinfahren, deren Schadstoffausstoß bestimmte Grenzwerte nicht überschreitet - ausweislich einer grünen, gelben oder roten Plakette.

Doch während dort die Belastung mit Rußpartikeln aus Dieselautos zurückging, nahmen die Partikel aus Heizungen oder Kraftwerken offenbar zu. Und auch die Belastung mit Stickstoffdioxid lag bei 57 Prozent der städtischen Messstationen über dem zulässigen Grenzwert - übrigens zum Teil auch ein Nebeneffekt der Rußpartikelfilter in Dieselautos.

Der ADAC lehnt die Umweltzonen ab

Vor allem der Automobil-Club ADAC fühlt sich bestätigt. "Am Anfang war der Nutzen der Umweltzonen fragwürdig, jetzt ist er weg", heißt es dort. "Es ist an der Zeit, über das Mittel Umweltzone nachzudenken." Besser sei ein flüssigerer Verkehr, etwa durch "mehr grüne Wellen". Mittlerweile allerdings sind viele alte Dieselfahrzeuge längst nachgerüstet, allein die entsprechende Förderung durch den Bund nahmen mehr als 200.000 Autobesitzer in Anspruch. Die Nachrüstung eines Dieselwagens mit einem Filter kostet 1000 Euro und mehr. Verschwendetes Geld, findet der ADAC.

So allerdings will das die oberste Umweltbehörde des Bundes nicht sehen, denn Feinstaub ist nicht gleich Feinstaub. Der Ruß etwa aus einem Dieselmotor ist besonders fein, er unterschreitet noch den Grenzwert von 2,5 Mikrometern, kurz "PM 2,5". Damit ist er auch besonders gesundheitsgefährdend.

Dagegen ist der Staub, den etwa Öfen und Kraftwerke verursachen, den Autos von der Straße aufwirbeln, gröber. Von der Statistik erfasst aber wird grober wie auch weniger grober Feinstaub. "Je kleiner Feinstaub ist, desto gefährlicher wird er dem Menschen", sagt auch Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte beim Umweltverband BUND. Und gegen den helfe die Umweltzone, samt Filtern.

Kleinkraftwerke könnten die Feinstaubwerte erhöhen

Einen ähnlichen Schluss legt auch eine Untersuchung der Berliner Luft nahe: Eingeführt seit 2008, gelten dort mit die strengsten Vorgaben für Diesel-Fahrzeuge. In große Teile der Stadt dürfen nur noch Autos mit einer grünen Plakette fahren. Der Dieselruß ging seither um 58 Prozent zurück, die Stickoxid-Emissionen sanken um 20 Prozent. Vor allem an den Hauptverkehrsachsen nahm die Belastung ab. Wettereinflüsse hatten die Forscher dabei herausgerechnet.

Das Umweltbundesamt sieht die Umweltzonen deshalb weiterhin als "geeignetes Mittel". Allerdings könnte auch eine zunehmende Zahl von Kleinkraftwerken in den Städten die Konzentration weiter steigen lassen, Umweltzone hin oder her. "Wir müssen ein Auge auf die Folgen der immer weiter dezentralisierten Energieerzeugung haben", fordert Amtschef Jochen Flasbarth. Gleichzeitig werde sich aber die Situation auch Jahr für Jahr bessern, weil immer mehr Fahrzeuge der neuesten, strengeren Abgasnorm Euro 6 entsprächen.

Umweltschützern geht das alles nicht weit genug. Sie fordern auch Rußfilter für Dieselloks, für Baumaschinen und Binnenschiffe. "Bislang werden die noch überhaupt nicht berücksichtigt, obwohl auch sie viel Feinstaub verursachen", sagt BUND-Experte Hilgenberg. Müsste dann nur noch das Wetter mitspielen.

© SZ vom 07.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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