Süddeutsche Zeitung

Biologie:Das erste Faultier

Mehr als hundert Arten von Faultieren lebten einst auf der Erde - darunter ein mehrere Meter großes in Südamerika. Wie Forscher nun zeigen konnten, stammen alle Faultierspezies von einem einzigen Urahn ab.

Von Lena Hummel

Der Großteil der heute ausgestorbenen Faultiere, die bis vor etwa 5000 Jahren auf den Westindischen Inseln im Atlantik lebten, stammt offenbar von einem gemeinsamen Vorfahren ab. Zu diesem Ergebnis kommen zwei aktuelle Studien. Ein Team um Samantha Presslee von der britischen Universität York untersuchte die Überreste von mehr als hundert Faultieren aus Nord- und Südamerika auf Kollagen. Das Protein findet sich vorwiegend in Knochen und kann diesen mehr als eine Million Jahre anhaften.

Unabhängig davon analysierte Frédéric Delsuc von der Universität Montpellier in Frankreich DNA-Spuren von zehn Faultieren, die vor 10 000 bis 45 000 Jahren lebten. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler wahrscheinliche Stammbäume erstellen und bisherige Annahmen widerlegen.

Ein Vorfahre war vier Meter groß

So kamen die Forscherteams zu dem Ergebnis, dass die heutigen Dreifingerfaultiere nicht wie bisher angenommen einen eigenen Ast am Stammbaum bilden, sondern mit dem riesigen, bis zu drei Meter großen Bodenfaultier Megalonyx verwandt sind, das bis vor etwa 15 000 Jahren in Nordamerika lebte. Die Zweifingerfaultiere wiederum sind entfernte Verwandte des bis zu vier Meter großen südamerikanischen Mylodon, das vermutlich vor weniger als 10 000 Jahren als letztes am Boden lebendes Faultier ausgestorben ist.

Am überraschendsten ist wohl der Befund, dass die Mehrheit aller Faultierarten von einem Vorfahren abstammt, der vor über 30 Millionen Jahren lebte. Nur sechs der mehr als hundert identifizierten Faultierarten existieren heute noch.

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Quelle:
SZ vom 11.06.2019
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