Evolution des Menschen:Zahn verrät Stillzeit beim Neandertaler

Wachstumsringe eines Zahns

Die Wachstumslinien eines Backenzahns, die sich an der farbig markierten Verteilung von Barium erkennen lassen, geben Auskunft über die Stillzeiten des Kindes - auch bei fossilen Neandertalerzähnen

(Foto: Ian Harrowell/Christine Austin/Manish Arora/dpa)

Mit Hilfe eines Backenzahns haben Wissenschaftler festgestellt, dass Neandertalermütter ihren Babys ungefähr ein Jahr lang die Brust gaben. Damit stillten sie ihre Kinder kürzer als heutige Naturvölker.

Von Christopher Schrader

Neandertalermütter haben ihre Babys ungefähr ein Jahr lang gestillt. Erst in der zweiten Hälfte dieser Zeit haben sie begonnen, feste Nahrung zuzufüttern, schließt ein internationales Forscherteam aus der Analyse eines Backenzahns.

Er stammt von einem Neandertaler-Jungen, der im Alter von acht Jahren starb und 1993 in einer Höhle bei Andenne in Belgien gefunden wurde.

Die Forscher haben den Bariumgehalt des Zahns analysiert. Wie sie an den Wachstumslinien erkannten, steigt dieser nach der Geburt an, die sich durch eine Kristallisationsstörung im wachsenden Zahn zeigt. Danach sinkt er wieder.

Das Team erklärt das so: Im Mutterleib gelangte Barium kaum durch die Plazenta in den Blutkreislauf des Kindes. Nach der Geburt bekam das Kind viel mehr von dem Metall durch die Muttermilch; es lagerte sich im wachsenden Zahnschmelz ab.

Als die Mutter des Jungen nach sieben Monaten anfing, andere Nahrung zuzufüttern, sank die Barium-Zufuhr und fiel nach dem Abstillen sieben Monate später abermals (Nature, online).

Um das Muster verstehen zu können, haben die Forscher Milchzähne von Kindern und Makakenäffchen untersucht, deren Ernährung bekannt war.

Das Verhalten der Neandertal-Mutter glich eher dem der Affen, weil auf eine Zeit des exklusiven Stillens eine Phase des Zufütterns folgte.

Viele heutige Menschen hingegen geben ihren Babys nach dem Stillen Babymilch, die mehr Barium enthält als Muttermilch.

Manche Naturvölker hingegen stillen ihre Kinder länger als ein Jahr, auch weil das die Geburtenrate begrenzt.

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