Stresstests der EU-Kommission:Kein einziges AKW muss abgeschaltet werden

Der EU-Kommission zufolge muss keines der Atomkraftwerke in Europa geschlossen werden. Allerdings sind in einigen Ländern weitere Sicherheitsvorkehrungen notwendig. Auch müssen die Ergebnisse nun noch einmal überprüft werden.

Bei den europaweiten Stresstests für Atomkraftwerke ist der EU-Kommission zufolge bislang keine Anlage durchgefallen. Demnach muss auch kein Kraftwerk geschlossen werden, heißt es in EU-Kommissionskreisen. Allerdings deuteten die Ergebnisse darauf hin, dass in einigen Ländern die Sicherheitsvorkehrungen erhöht werden könnten.

Atomkraftwerk Cattenom

In Europa sollten einige Länder die Sicherheitsvorkehrungen für Atomanlagen verbessern, sagt die EU-Kommission. Experten hatten das bereits vergangene Woche für die Anlagen in Frankreich festgestellt.

(Foto: dpa)

Nach dem Atomunfall im japanischen Fukushima hatten die EU-Staaten sich darauf geeinigt, die Sicherheitsvorkehrungen aller 143 europäischen Atomkraftwerke zu überprüfen. In einer ersten Phase haben die nationalen Behörden der EU erste Ergebnisse vorgelegt. Diese sollen aber noch von außenstehenden Behörden überprüft werden.

Vergangene Woche hatten bereits französische Experten festgestellt, dass alle Atomanlagen des Landes nachgerüstet werden müssen, um sie besser gegen Naturkatastrophen zu schützen.

Kritik an dem Bericht kam von der Grünen-Fraktion im Europaparlament, die ebenfalls eine Studie zum Thema vorgestellt haben: Für die Untersuchung hatte das Büro für Atomsicherheit unter der Leitung von Wolfgang Renneberg die Stresstestkriterien analysiert, auf denen die Untersuchungen in der EU basieren. Renneberg war bis 2009 Leiter der Abteilung Reaktorsicherheit, Strahlenschutz und Entsorgung im Bundesumweltministerium.

Der Studie zufolge "erfüllen die Stresstests der europäischen Atomkraftwerke, wie sie von der Europäischen Gruppe der Regulierungsbehörden für nukleare Sicherheit (ENSRG) definiert wurden, weder die Anforderungen des Europa-Rats noch die Erwartungen der europäischen Öffentlichkeit an eine umfassende Sicherheitsbewertung". Auch böten sie keine Methode, um die Frage zu beantworten, wie sicher Europas Kernkraftwerke gegenwärtig sind.

Rebecca Harms, Vorsitzende der Grüne/EFA Fraktion im Europaparlament, kritisierte, dass auch die Sicherheitskriterien, die das Bundesumweltministerium für die Überprüfung der deutschen Reaktoren erarbeitet habe, weit über die europäischen Stresstests hinausgingen.

"Die Studie macht deutlich, dass der europäische Stresstest der Versuch ist, das Vertrauen der Bürger in die Atomenergie wieder herzustellen", sagte Harms. Die europäischen Bürgerinnen und Bürger sollten sich von Kommissar Oettinger nicht hinters Licht führen lassen, wenn er versuche die Tests als großen Fortschritt für die atomare Sicherheit zu verkaufen. Schließlich würden Gefahren, die von menschlichem Versagen, alterndem Material, lecken Rohren, kaputten Ventilen oder gar einer Kombination aus mehreren Problemen ausgehen, keine Rolle spielen.

Bereits im Oktober hatte auch Greenpeace sich vorläufige Prüfberichte angeschaut und kritisiert, die Stresstests würden nicht so gründlich ausgeführt wie angekündigt. So würde das Risiko durch Abstürze großer Flugzeuge und des gleichzeitigen Versagens mehrere Meiler in einer Anlage kaum berücksichtigt.

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