Süddeutsche Zeitung

Erderwärmung:Milliarden gegen den Klimawandel

Die Bundesregierung wird ihre Mittel für den Klimaschutz steigern. 3,6 Milliarden Euro will Berlin in den kommenden beiden Jahren dafür ausgeben. Doch die Geldfragen drohen zum großen Problem des Klimagipfels in Doha zu werden.

Von Michael Bauchmüller

Eigentlich wollte Peter Altmaier die frohe Botschaft ja selber überbringen, dann aber entschied sich die deutsche Delegation anders. Der Umweltminister saß noch im Flugzeug zum Klimagipfel in Doha, da öffnete seine Staatssekretärin Katherina Reiche (CDU) vor Ministern aus aller Welt die Schatulle:

3,6 Milliarden Euro werde Berlin in den kommenden beiden Jahren für den globalen Klimaschutz ausgeben, jedes Jahr 1,8 Milliarden. Das sind jährlich 400 Millionen Euro mehr als bisher. "Wir hatten das Gefühl, dass das den Verhandlungen helfen würde", sagt ein deutscher Klimadiplomat.

Wohl wahr, denn Geldfragen drohen zum großen Problem des Klimagipfels zu werden. Noch in Kopenhagen hatten sich die Industriestaaten 2009 spendabel gezeigt: 30 Milliarden Euro sogenannter Fast-Start-Mittel hatten sie seinerzeit zugesagt. Es war so ziemlich das einzig greifbare Ergebnis jener Konferenz, die eigentlich den Durchbruch zu einem neuen globalen Klimaabkommen hatte bringen sollen.

Der Haken an den Milliarden: Zugesagt waren sie nur bis 2012. Für die Zeit danach trafen die Staaten nur die vage Abmachung, der Klimatopf solle bis 2020 auf 100 Milliarden Euro anwachsen. Wie das geschehen soll, ließen sie offen.

Offen ist bisher auch die entsprechende Passage im Entwurf für das Abschlussdokument, und zwar im wahrsten Wortsinn: Die Seite ist einfach leer. Über einen möglichen Text wird zwischen Entwicklungs- und Industrieländern gestritten, vor allem die USA scheuen starre Festlegungen.

Dabei soll gerade in dem Abschlussdokument geklärt werden, wie konkret es mit der Finanzierung nun weitergeht - und in welchem Forum darüber in den kommenden Jahren verhandelt werden soll. Schließlich soll Doha auch eine neue Basis schaffen für die Aushandlung eines neuen Klimaabkommens, das spätestens 2015 stehen soll. "Das wichtigste ist, dass nun andere Staaten nachziehen", sagt Jan Kowalzig, Klimaexperte bei Oxfam. "Dann hätte sich der deutsche Vorstoß ausgezahlt."

Lohnender Vorstoß

So gesehen hat sich auch der Vorstoß Großbritanniens schon gelohnt: Die britischen Verhandler hatten am Dienstag eine schon einige Jahre alte Zusage wieder auf den Tisch gelegt - danach wollen sie in den Jahren 2013 und 2014 umgerechnet insgesamt 2,2 Milliarden Euro für Klimaschutz in aller Welt ausgeben. "Das ist genau die Dynamik, die wir nun brauchen", sagt Kowalzig.

Großbritannien wurde dafür von den Umweltschützern am Dienstag zum offiziellen Vorbild des Tages gekürt: ". . . dafür, dass sie als Erste gehandelt haben". Auf Klimakonferenzen prangern die Gruppen jeden Tag den größten Bremser an. Ganz selten wird ein Staat ausgezeichnet.

Vor allem Entwicklungsländer pochen auf feste Finanzzusagen. Die Mittel können den unterschiedlichsten Zwecken dienen, dem Schutz tropischer Regenwälder ebenso wie dem Bau höherer Dämme. Über den "Green Climate Fund" kann das Geld auch Staaten dabei unterstützen, erneuerbare Energien auszubauen. Ohne neues Geld auch aus anderen Industriestaaten stünden viele Programme vor dem Aus - und der Gipfel vor dem Scheitern.

Offen ist derzeit auch noch, ob sich das reiche Gastgeberland Katar zu einer Zusage durchringen kann. Es wäre das erste Mal, dass sich ein arabischer Ölstaat finanziell an den Folgen des Klimawandels beteiligt. Bislang sehen sich die Ölstaaten eher als potenzielle Empfänger: Als Ausgleich für verlorene Öleinnahmen, sollte die Welt tatsächlich einmal auf Kohlenstoffe verzichten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1543004
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 06.12.2012/mcs
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.