Erderwärmung:Klimawandel - jetzt hautnah in Deutschland

Schneemangel in Bayern

Nichts los im Skigebiet: Die Erde erwärmt sich, der Winter fällt auch in Deutschland immer häufiger aus.

(Foto: dpa)

"Die Erwärmung ist jetzt absolut spürbar." Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen ist es um etwa 1,4 Grad wärmer geworden. Das liegt auch an der geografischen Lage Deutschlands.

Von Marlene Weiß

Der Klimawandel macht sich in Deutschland überdurchschnittlich stark bemerkbar: Die Durchschnittstemperatur der Jahre 1991 bis 2015 lag in der Bundesrepublik bei 9,2 Grad. Seit Beginn systematischer Wetteraufzeichnungen im 19. Jahrhundert ist es um etwa 1,4 Grad wärmer geworden. Im globalen Mittel sind die Temperaturen seither nur um etwa ein Grad angestiegen. Das geht aus Daten hervor, die der Deutsche Wetterdienst (DWD) am Dienstag in Berlin vorgestellt hat.

Der Grund für die stärkere Erwärmung Deutschlands ist die geografische Lage. "Die Erwärmung ist über Landflächen immer stärker als im globalen Durchschnitt, denn das Wasser erwärmt sich langsamer", sagt Mojib Latif, Klimaforscher am Geomar, dem Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. In der Arktis oder im Alpenraum, wo schwindende Schneeflächen weniger Sonnenlicht reflektieren und dadurch den Klima-Effekt verstärken, ist es sogar rund zwei Grad wärmer geworden.

"Die Erwärmung ist jetzt absolut spürbar"

Aber egal ob ein Grad, 1,4 Grad oder zwei: "Die Erwärmung ist jetzt absolut spürbar, die Temperaturen gehen steil nach oben", sagt Latif. "Global war 2015 mit großem Abstand das wärmste Jahr seit Beginn der Messungen." In Deutschland war das vergangene Jahr laut DWD mit 9,9 Grad Durchschnittstemperatur das zweitwärmste jemals erfasste, gleichauf mit den Jahren 2000 und 2007. Das lag vor allem an dem außergewöhnlich warmen Spätherbst. Das Jahr lieferte mit 40,3 Grad in Kitzingen auch einen neuen deutschen Hitzerekord. Von den vergangenen 25 Jahren waren 23 wärmer als das Temperaturmittel der drei Jahrzehnte zuvor.

Auffallend waren 2015 auch die Niederschläge im Land. Auf einen durchschnittlichen Winter folgten ein extrem trockenes Frühjahr und ein trockener Sommer, in manchen Gebieten fiel nur halb so viel Regen wie sonst üblich. Bis über Weihnachten hinaus lag kaum Schnee; die Zugspitze war zum Jahresende gerade einmal mit 90 Zentimeter Schnee bedeckt, normalerweise sind es gut zwei Meter. An mehr als 20 Tagen im Sommer gab es nirgendwo zwischen Alpen und Nordsee nennenswerten Niederschlag. "Unter dem Strich lassen sich die Auswirkungen dieser Witterung zumindest regional nur mit dem Wort Dürre treffend beschreiben", sagte DWD-Experte Thomas Deutschländer.

Das Netz der Messstationen ist nicht genau genug

Der DWD will künftig auch die Erfassung und Prognose von starken Regengüssen verbessern. Weil solche sintflutartigen Niederschläge oft auf kleinstem Raum auftreten, ist das Netz der Messstationen nicht genau genug. Darum hat der Dienst nun einen neuen Datensatz aus radarbasierten Niederschlagmessungen erstellt, in dem alle Extremniederschläge seit 2001 erfasst sind. Erstmals könne man nun sogar für einzelne Stadtteile sehen, wie häufig dort besonders heftiger Regen fällt.

In Köln etwa zeigt die Auswertung, dass die Bewohner der südlichen Stadtteile auf der rechten Rheinseite häufiger extremen Regen erleben als ihre Mitbürger im Nordwesten um das Stadtviertel Chorweiler. Bald sollen die Daten für weitere Regionen und Städte ausgewertet werden. Für die Anpassung an den Klimawandel seien solche Daten zentral, sagte DWD-Vizepräsident Paul Becker, städtische Gebiete seien durch niederschlagsbedingte Fluten besonders gefährdet. Ob sich die Häufung von starken Regenfällen seit 2001 verändert hat, kann man indes aufgrund der neuen Daten noch nicht bewerten: Aus Sicht der Klimaforschung sind 15 Jahre noch kein gesicherter Trend.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: