Süddeutsche Zeitung

Erderwärmung:Klimaschutz als republikanische Tugend

Die Republikaner sind zur Anti-Klimaschutz-Partei verkommen. Das war nicht immer so, wie interne Dokumente aus der Ära Reagan und Bush zeigen.

Kommentar von Christoph von Eichhorn

"Wir weisen die Ideologie des Globalismus zurück und umarmen die Doktrin des Patriotismus." So sprach US-Präsident Donald Trump diese Woche auf der UN-Vollversammlung in New York. Auf die Klimapolitik übertragen bedeutet dieses Mantra: Aufkündigung des Klimavertrags von Paris, Absage an internationale Zusammenarbeit, Leugnung des menschengemachten Klimawandels an sich.

Mag Trump in Wortwahl und Auftreten extrem sein, in seiner Botschaft verkörpert er für viele doch nur die Haltung seiner Partei. Den Klimawandel anzuzweifeln und das Wohl der eigenen Industrie über alles zu stellen, wirkt mittlerweile wie ein ur-republikanisches Markenzeichen. Doch dieses einseitige Bild ist nicht ganz richtig, wie freigegebene Dokumente aus den Archiven der US-Regierung zeigen.

Die internen Memos, die das Forschungszentrum "National Security Archive" der George Washington University veröffentlicht hat, zeigen nicht nur, dass die Republikaner den Klimawandel schon Ende der 1980er Jahre ernst nahmen. Sondern dass sie sich sogar für eine Führungsrolle der USA starkmachten, um der Erderwärmung zu begegnen. So war Ronald Reagan, von Vertretern der Umwelt- und Friedensbewegung bis heute als Schurke verachtet, laut den Dokumenten eher ein Vorreiter in Umweltfragen.

Internationale Zusammenarbeit gegen das Ozonloch

Zur damaligen Zeit waren Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) die größte akute Bedrohung für die Erdatmosphäre. Man hatte erkannt, dass diese Stoffe die Ozonschicht auflösen. 1987 wies die Reagan-Regierung alle US-Diplomaten an, für ein weltweites Verbot von FCKW zu werben. Die dadurch sichergestellte breite internationale Unterstützung war entscheidend für den Erfolg des Montreal-Protokolls, welches Herstellung und Vertrieb der Umweltgifte verbot. Zugleich ein früher Erfolg für den Klimaschutz, da FCKW auch potente Treibhausgase sind. Auch den Klimawandel selbst, damals eher in Wissenschaftskreisen diskutiert, erkannten Reagans Beamte schon als drängendes Problem. Nachfolger George H. W. Bush äußerte dann den Wunsch, "die Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft anzuführen, um die Qualität der weltweiten Umwelt zu schützen und zu heben". Das sei man sich selbst und künftigen Generationen schuldig.

Reagan und Bush waren sicherlich keine radikalen Umweltschützer. Schon damals erfolgten die wohlklingenden Ankündigungen mit dem Zusatz, trotz aller Schutzbemühungen ein "akzeptables Wirtschaftswachstum beizubehalten". Doch es gibt wichtige Unterschiede zu heute: Bis in die 1990er gehörte es in der "Grand Old Party" noch zum guten Ton, sich mithilfe der Wissenschaft ein umfangreiches Bild vom Klimawandel zu verschaffen und entsprechend zu handeln. Das Vertrauen auf Fakten statt alternative Wahrheiten fehlt den Republikanern heute vielfach, nicht nur Donald Trump.

Die Polarisierung begann in der Ära George W. Bush

Doch wann geschah die Wende? Laut den Memos begann der Verfall unter der Ägide von George W. Bush, der 2001 ins Amt kam. Glaubten Bushs Spitzenbeamte nach seinem Sieg zunächst noch an ein faktenbasiertes Vorgehen bei der globalen Erwärmung, setzte sich kurz darauf Vizepräsident Dick Cheney durch, der den Fokus allein auf die Energiesicherheit der USA legte. Seine Schmähung der Klimawissenschaft als "Bad Science" wirkt im Nachhinein wie ein böses Omen. Manche sehen die Schuld für die Polarisierung auch bei Al Gore, der im Wahlkampf gegen Bush vehement für das Kyoto-Protokoll eintrat und so die Republikaner erst recht gegen solche vermeintlich wirtschaftsschädlichen Klimaschutzmaßnahmen aufwiegelte. Doch selbst der jüngere Bush vollzog am Ende seiner zweiten Amtszeit noch eine Wende, als er versuchte, die wichtigsten Industriestaaten an einen Tisch zu bekommen und über neue Klimaziele zu sprechen.

Klimawandel könnte also durchaus erneut zu einer Sache der Republikaner werden, würden diese den Erhalt der Lebensgrundlagen wieder als konservative Pflicht verstehen. Mit Trump ist da kein Staat zu machen. "Mit der Umwelt wird's uns gut gehen", sagte er mal. Man könne ja "ein bisschen was davon übrig lassen".

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