Erderwärmung:"Die Klimawürfel sind gezinkt worden"

Es wird in Zukunft weltweit immer häufiger extreme Hitzewellen geben, warnt der Nasa-Wissenschaftler James Hansen. In den USA war der Juli der bislang wärmste Monat seit Beginn der Aufzeichnungen.

Christopher Schrader

Extreme Hitzewellen wird es in Zukunft weltweit immer häufiger geben, davon ist James Hansen überzeugt. Der Klimaforscher vom Goddard-Institut der Nasa in New York hat als einer der ersten Wissenschaftler vor Jahrzehnten vor den Folgen der globalen Erwärmung gewarnt.

Jetzt hat er mit zwei Kollegen berechnet, wie wahrscheinlich außergewöhnliche Wärmeperioden geworden sind. "Die ,Klimawürfel' sind in den vergangenen 30 Jahren gezinkt worden", schreibt Hansens Team im Fachblatt PNAS (online).

Zeigten die Würfel damals noch zwei rote Seiten für besonders warme, zwei blaue Seiten für besonders kühle und zwei weiße Seiten für durchschnittliche Sommer, so hätte der Würfel heute bereits vier rote und je eine blaue und eine weiße Seite.

Hansens Team hat zunächst ermittelt, wie stark in den Sommern der Jahre 1951 bis 1980 die Thermometerwerte über den Landflächen schwankten. Die Forscher betrachteten die Monate Juni bis August auf der nördlichen Halbkugel sowie Dezember bis Februar auf der südlichen Hemisphäre.

Aus den Daten bestimmten sie die statistische Schwankungsbreite, die sogenannte Standardabweichung. Diese ist so definiert, dass gut zwei Drittel aller Messwerte nicht stärker als eine Standardabweichung vom Mittelwert abweichen. Und nur ein Viertelprozent der Werte liegt dann mehr als drei Standardabweichungen vom Durchschnitt entfernt.

Derart extrem heiße Sommer gab es damals nur auf 0,1 bis 0,2 Prozent der Landflächen, doch in den Jahren 2006 bis 2011 erlebten mehr als zwölf Prozent der nördlichen Hemisphäre extreme Hitzewellen.

"Die extremen Sommer in Texas 2011, Moskau 2010 und Frankreich 2003 hätte es fast sicher ohne die globale Erwärmung nicht gegeben", schreibt Hansens Team. Auch andere Forscherteams waren mit eigenen Analysen zu dem Schluss gekommen, dass die russische Hitzewelle 2010, die zu großflächigen Waldbränden geführt hatte, und der mitteleuropäische Sommer 2003 Extremereignisse waren, die vor wenigen Jahrzehnten wohl kaum möglich gewesen wären.

In den USA ist der Trend zu mehr Hitze-Sommern laut Hansens Zahlen etwas schwächer ausgeprägt als auf dem übrigen Globus. Die Ursachen dafür sind unklar: Falls es Zufall ist, könnten die USA statistisch gesehen sozusagen Nachholbedarf haben. Dann müssten Hitzewellen demnächst noch häufiger auftreten, als es schon aufgrund von Hansens gezinktem Klimawürfel zu erwarten ist.

Andererseits hat die ausgeprägte Bewässerung von Feldern, die man in Amerika aus der Luft unter anderem an gewaltigen kreisrunden Feldern erkennt, eine kühlende Wirkung auf das regionale Klima.

Den Sommer 2012 hat Hansen jedoch in seiner Analyse noch gar nicht einbezogen. Er dürfte einen der vorderen Plätze belegen, wenn es so weitergeht.

Das erste halbe Jahr 2012 war in den kontinentalen USA das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen, besagen Statistiken der Wetterbehörde NOAA. Der Juni hat zwar keinen Spitzenplatz belegt, aber der Juli war der bislang wärmste Monat in Amerika. Im Mittleren Westen erleben 70 Prozent des Gebiets eine Dürre, auf amtlichen Karten ist ein Großteil des Landes zwischen Appalachen und Rocky Mountains bedrohlich rot oder orange eingefärbt.

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