"Redox-Flow"-Batterie:Sauberer Speicher für Solarenergie

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Wer Solarmodule auf dem Dach hat, kann eine Batterie im Keller gebrauchen. Harvard-Forscher haben nun einen Speicher entwickelt, der sich allen Bedürfnissen anpassen lässt und billige Chemikalien nutzt.

Von Andrea Hoferichter

In Zukunft könnten viele Solaranlagen auf dem Dach ein Pendant im Keller haben. Dort wird dann in einer großen Batterie die Energie gespeichert, die bei intensivem Sonnenschein mittags nicht sofort verwendet werden kann. Diese Batterien könnten zum Beispiel die Redox-Flow-Technik benutzen, bei der Strom in zwei Tanks mit Flüssigkeiten und darin gelösten Chemikalien gespeichert wird. Forscher der Harvard University haben jetzt eine besonders umweltfreundliche und billige Redox-Flow-Batterie entwickelt, die mit Pflanzenfarbstoffen und einem Trennmittel für Kochsalz arbeitet. Davon berichten sie im Magazin Science (Bd. 349. S. 1529, 2015).

Redox-Flow-Batterien sind eine noch neue Technik und bisher nur vereinzelt im Einsatz. Sie arbeiten mit salzhaltigen Flüssigkeiten, die bei Bedarf durch die Batteriezellen gepumpt werden. Dort wird einer der gelösten Stoffe reduziert, der andere oxidiert, wie Chemiker sagen: Dabei werden Ladungen ausgetauscht, das bringt den Stromfluss in Gang. Membranen sorgen dafür, dass sich die Lösungen nicht vermischen. Im Gegensatz zu klassischen Batterien werden elektrische Ladungen nicht an den Elektroden, sondern in den Salzlösungen gespeichert.

Die Flüssigkeiten in den Tanks sind zwar nicht mehr giftig, aber ätzend

Der Charme dieser Flussbatterien liegt in ihrer hohen Variabilität, denn Kapazität und Leistung lassen sich unabhängig voneinander einstellen. Für die Kapazität ist die Größe der Tanks ausschlaggebend, für die Leistung sind es die Anordnung und die Verschaltung der Zellen. Allerdings enthalten gängige Redox-Flow-Batterien Vanadiumsalze, die teuer sind, in anderen steckt etwa das Schwermetall Chrom. "Wir haben stattdessen organische Farbstoffe mit einem Lebensmittelzusatz kombiniert", sagt Roy Gordon, einer der Autoren der Harvard-Studie. "Es sind die ersten ungiftigen, nicht brennbaren, nicht korrosiven Chemikalien für Flussbatterien mit hoher Leistung und niedrigen Kosten."

Die Farbstoffe in dem einen Tank, sogenannte Anthrachinone, sind zum Beispiel für die Färbung vieler Flechten und Pflanzen verantwortlich. Die andere Lösung enthält Ferrocyanid-Verbindungen, die als Rieselhilfe E 535 in Kochsalz stecken können. Zwar können Cyanide, etwa in Form von Blausäure, hochgiftig wirken. "In den Ferrocyaniden sind sie aber so fest gebunden, dass in der Regel keine Gefahr besteht", schreiben die Forscher. "Diese Art von Chemie würde ich mir gern in den Keller stellen", sagt Gordons Co-Autor Michael Aziz.

Den Vorläufer dieser Batterie präsentierte das Team schon vor gut einem Jahr. Er enthielt statt Ferrocyaniden ein bromhaltiges, giftiges und chemisch aggressives Salz, das besonders stabile Behältermaterialien erforderte. Das neue Konzept soll dagegen auch mit preisgünstigen Kunststofftanks funktionieren. Ein geschlossenes System müsste es dennoch sein, denn die Lösungen sind stark alkalisch, den Wissenschaftlern zufolge etwa wie jene in einer Mignon-Batterie.

Geeignet für Stadtwerke und Windparks

Die Farbstoffbatterie aus Cambridge existiert bisher nur im Labor, doch vor allem die mögliche Kostenersparnis könnte ihr in Zukunft zum Durchbruch verhelfen. "Vanadium zu ersetzen, ist die effektivste Kostenschraube", sagt Ludwig Jörissen vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung in Stuttgart. Gelingt der Ersatz durch ein billigeres Material, könnten die Batterien mit den Tanks eine Alternative zu klassischen Systemen werden. Geeignet seien sie vor allem als Tagesspeicher, auch für Stadtwerke oder Windparkbetreiber - überall dort, wo genügend Platz dafür ist. Der Bedarf an Stellfläche ist im Vergleich zu anderen Batterien nämlich deutlich höher.

Auch Dirk Uwe Sauer von der Rheinisch-Westfälisch Technischen Hochschule Aachen hält den Ansatz der Harvard-Forscher für sinnvoll. "Ich fordere seit Jahren, organische Moleküle in Redox-Flow-Batterien einzusetzen", sagt er. "Nur damit besteht aus meiner Sicht die Chance, ein Produkt zu machen, das kostenmäßig mit den gängigen Technologien mithalten kann."

© SZ vom 25.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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