Empfehlung der UN:Esst Insekten!

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Auf einem Markt in Phnom Penh, Kambodscha, werden neben Meerestieren auch frittierte Insekten angeboten (Foto: dpa)

Etwa zwei Milliarden Menschen ernähren sich auch von Insekten, während die Bevölkerung im Westen sich bei dem Gedanken eher ekelt. Die UN möchte das ändern.

Es mag abseitig klingen, doch Ernährungsexperten wollen mehr proteinreiche Insekten auch auf unsere Teller bringen. Gezüchtete Käfer, Heuschrecken oder Raupen könnten auch dem Kampf gegen den Hunger dienen. Im Westen gibt es da aber noch die "Ekel-Schranke".

Insekten als Nahrungsquelle - bei dem Gedanken ekelt es den meisten Menschen in den westlichen Industrieländern. Selbst mit schönen Alliterationen wie "leckere Libellen" oder "Grillen vom Grill" lassen wir uns kaum dazu verlocken, solche Krabbeltiere zu probieren.

Während sich weltweit etwa zwei Milliarden Menschen zumindest teilweise von Insekten - darunter auch Bienen, Ameisen, Raupen und Wasserwanzen - ernähren, finden sie sich in Europa nur auf exotischen Märkten.

Und doch sollten wir uns vielleicht an den Gedanken gewöhnen, dass solche Tiere auf dem Speiseplan der Zukunft stehen: Die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft ( FAO) in Rom lädt dazu ein, im Westen die "Ekel-Schranke" gegen die eiweißreichen Tierchen abzubauen und mehr regelrechte Aufzuchtfarmen etwa in Südostasien zu errichten.

Für viele Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika gehören Insekten schon zu den täglichen Nahrungsmitteln - vor allem, wenn Fleisch und Fisch rar sind.

Es spricht im Prinzip auch nichts dagegen, Wirbellose zu verspeisen - schließlich tun viele Menschen das auch in Europa und den USA: Muscheln gelten vielen als Delikatesse, und Hummer und Garnelen sind wie die Insekten Gliedertiere. Aus Schildläusen - also Insekten - wird eine Farbe hergestellt, die Lebensmittel rot färbt.

Und weil Hunderte von Millionen Menschen weltweit hungern und es auch sonst gute Gründe dafür gibt, verweist die FAO nach langen Forschungen auf die fast 2000 essbaren Insektenarten auf der Erde.

Die Verbraucher, die Politik und die Investoren des Nahrungssektors müssten über die Vorzüge der Insekten in Aufklärungskampagnen noch informiert werden, so die FAO."Die Insekten, so zeigt sich, produzieren weniger Treibhausgase und Ammoniak als Kühe und Schweine. Sie benötigen deutlich weniger Land und Wasser als die Viehzucht." So wirbt die UN-Organisation in ihrer am Montag veröffentlichten Bestandsaufnahme über die essbaren Insekten für einen Ausbau der Aufzucht auf speziellen Farmen.

Denn das schafft Arbeitsplätze, die auch noch ökologisch nachhaltig sind. In Thailand etwa sammeln oder züchten tausende Farmer Insekten. Auch in Laos und in Vietnam ist das mehr als eine Freizeitbeschäftigung. In China werden essbare Skorpione bereits in Zuchtanlagen aufgepäppelt, während im südlichen Afrika die Mopane-Raupe milliardenfach als Nahrung dient.

Ungesättigte Fettsäuren, Eisen, Fett, Mineralien und Vitamine

Viele Insekten liefern im hohen Maße ungesättigte Fettsäuren, viel Eisen, Fett, Mineralien und Vitamine. Als ein Vorteil gilt auch, dass diese Tierchen oft dort gesammelt oder gezüchtet werden, wo man, zumindest bisher, keine Pestizide anwendet. Vor allem in den Wäldern.

"Die Thais beispielsweise essen Maden, Heuschrecken, Kakerlaken und einiges andere mehr, als Snack, meist frittiert und dann zum Bier", berichtete der deutsche Geschäftsmann Moritz Janosch, 32, von seinen reichhaltigen asiatischen Erfahrungen. Ihm selbst hat man solche Kleintiere zum Abendessen nicht so richtig schmackhaft machen können, "denn so abenteuerlich bin ich nun auch wieder nicht". Allerdings dürfte manches, was aus den Nahrungsmittelproduktionsstätten im Westen kommt, chemisch betrachtet nicht weniger abenteuerlich sein.

Die FAO streicht jedenfalls die bemerkenswerten Vorteile der alten Tradition heraus, sich vor allem aus dem Wald Insekten zu holen, die vom Nährwert her Mensch und Tier satt machen. "Seit Jahrtausenden essen Menschen Insekten, heute wird das jedoch manchmal lächerlich gemacht und als altbacken und ungesund abgetan", warb Hiroyuki Konuma von der FAO in Asien bereits vor Jahren für einen neuen Speiseplan. Dabei müssen bei steigender Weltbevölkerung immer mehr Menschen ernährt werden, und die Vorliebe von Milliarden für das saftige Steak vom Rind oder Schwein belastet Umwelt und Ressourcen.

Grillen etwa fressen um ein Mehrfaches weniger als Rinder, Schafe oder auch Schweine für die Proteinmenge, die sie - wiederum auch als Tierfutter - dem "Züchter" dann liefern. Sie können in vielen Fällen auf organischem Abfall aufwachsen.

"Der ökologische Fußabdruck der Insekten ist kleiner als bei dem herkömmlichen Vieh", erläutert die FAO. Und erwähnt auch gleich, dass Insekten wie Biene, Mistkäfer oder Ameise zudem noch dem Öko-System dienen - durch Pollenübertragung, die "Verarbeitung" der organischen Abfälle oder Schädlingsvertilgung.

© Süddeutsche.de/dpa/Hanns-Jochen Kaffsack/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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