Süddeutsche Zeitung

Embryonenforschung:Die Wissenschaft hängt die Menschen ab

Großbritannien erlaubt die Genmanipulation an menschlichen Embryos. Doch Forscher dürfen sich nicht so einfach über die Gesellschaft hinwegsetzen.

Kommentar von Kathrin Zinkant

Großbritannien wird nun mit dem neusten Werkzeug der Genetik an menschlichen Embryonen experimentieren. Die britischen Forscher sind aus dem Häuschen: Sie glauben, dass sie gute Argumente für diesen Bruch des Tabus haben. Aus rein wissenschaftlicher Perspektive mag das sogar stimmen.

Die Versuche versprechen nämlich neue Erkenntnisse. Doch in diesem Fall reicht es nicht aus, dass Experten suchen und wünschen und Erkenntnisse erwarten. Denn die Erlaubnis, am menschlichen Erbgut herumzuwerkeln, betrifft nicht nur die Forscher, sie betrifft auch nicht nur die Briten, sie betrifft die Menschheit.

Ein Dialog ist überfällig

Das Genome Editing kann die Zukunft der menschlichen Spezies verändern. Unliebsame Defekte, körperliche und sogar seelische Schwächen ließen sich für immer eliminieren. Und es gibt keine Instanz, die über die Köpfe aller Betroffenen hinweg entscheiden darf, ob und wann all das getan wird. Auch die Wissenschaft darf das nicht.

Der erste Schritt in diese Richtung ist nun ohne das Votum der Öffentlichkeit erfolgt. Im Labor ist der Damm gebrochen. Bevor der nächste Schritt erfolgt, heraus aus dem Labor, muss es den überfälligen Dialog mit den Menschen und ihren politischen Vertretern geben. Die Gesellschaft muss das Thema erfassen und sich ihr Urteil bilden können - und dieses Urteil muss gehört und geachtet werden. Egal, ob die Wissenschaft es für richtig hält.

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Quelle:
SZ vom 02.02.2016/chrb
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