Süddeutsche Zeitung

Elfenbeinhandel:Wieder Jagd auf weißes Gold

Vor zwanzig Jahren wurde der Handel mit Elfenbein generell verboten. Doch nun gibt es immer mehr Ausnahmen.

Susanne Klaiber

Wer in Japan etwas auf sich hält, der beschließt Verträge nicht mit Stempeln aus billigem Plastik, die dort die Unterschrift ersetzen können. Die Siegel müssen schon aus etwas Edlerem sein, einem wertvollen Metall zum Beispiel. Oder aus Elfenbein. Auch Schmuck lässt sich aus diesem teuren Material schnitzen, und allerlei Nippes fürs Wohnzimmer. Diese Produkte kommen vor allem in Asien gut an. So gut, dass das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) vor zwanzig Jahren den Handel mit Elfenbein verbot, weil den afrikanischen Elefanten die Ausrottung drohte.

Seit 1997 gibt es Ausnahmen vom Handelsverbot, und schon bald könnten weitere dazukommen. Denn die Artenschutzkonferenz erlaubte Simbabwe, Botsuana, Namibia und später auch Südafrika, ihre Elefantenbestände unter Anhang II des Abkommens einzustufen. Damit gelten die Tiere nicht mehr als direkt vom Aussterben bedroht, der Handel mit ihren Produkten kann unter bestimmen Auflagen erlaubt werden. So bekamen die vier Länder zum Beispiel die Erlaubnis, im Jahr 2008 Elfenbein zu verkaufen, das sie noch auf Lager hatten. 101 Tonnen kauften Händler aus China und Japan, für 12 Millionen Euro.

Anstieg der Wilderei

Nun haben auch Tansania und Sambia den Antrag gestellt, den strengen Schutz ihrer Elefanten aufzuheben, was auf der Artenschutzkonferenz im März in Doha diskutiert werden könnte. Möglicherweise will das auch Mosambik. Ein Antrag dieses Landes sei aber noch nicht eingegangen, heißt es bei CITES. Zwar ist die Frist dafür am 14. Oktober abgelaufen, aber es könne ja sein, dass die Briefpost aus dem afrikanischen Land in den kommenden Tagen noch eintreffe. Eine Koalition aus den Staaten Kenia, Ghana, Togo, Mali, Liberia, Sierra Leone und dem Kongo dagegen fordert ein lückenloses Handelsverbot für die kommenden zwanzig Jahre.

Daniela Freyer von der Artenschutzorganisation Pro Wildlife sieht die möglichen Lockerungen des Handelsverbots mit Sorge. "Wir beobachten seit vielen Jahren einen Anstieg der Wilderei", sagt sie, "aber dieses Jahr gibt es eine totale Eskalation." Sie führt das unter anderem darauf zurück, dass im vergangenen Jahr 101 Tonnen Elfenbein legal verkauft wurden. "Ich glaube, dass Elfenbein dadurch wieder gesellschaftsfähig wird." Und wenn die Leute dann Elfenbein kaufen wollen, könnten sie nicht unterscheiden, ob es legal oder illegal sei.

Volker Homes vom Worldwide Fund For Nature (WWF) ist sich dagegen noch nicht sicher, ob ein Zusammenhang zwischen legalem Verkauf und Anstieg der Wilderei besteht. "Das zu bewerten ist noch zu früh", sagt er.

Als eine der Ursachen für den Anstieg der Wilderei und des illegalen Handels vermutet Homes die enger werdenden Handelsbeziehungen zwischen Ostasien und Afrika. "Der Einfluss der dynamischen Märkte wurde lange unterschätzt." Außerdem werde besonders dort viel geschmuggelt, wo Bürgerkrieg herrsche, etwa im Kongo. Oft wird auch argumentiert, dass die steigende Kaufkraft in Asien Grund für den Boom der Wilderer sein könnte.

Das will Freyer so nicht stehen lassen. "Wenn der Handel verboten wäre, würde auch das Geld nichts nützen." Außerdem würde als Rechtfertigung für den Handel immer wieder angeführt, dass in manchen Gebieten Afrikas die Elefanten-Population so groß sei, dass man die Tiere abschießen müsse. Es stünde den Ländern frei, die Elefanten zum Abschuss freizugeben, sagt Freyer, nur das Elfenbein dürften sie eben nicht verkaufen.

"Mafiöse Kriminalität"

Einig sind sich Freyer und Homes, dass die Wilderei heute professioneller betrieben wird als früher. Als "organisierte Kriminalität" beschreibt Homes die Wilderei, Freyer sieht sie als "mafiös". Die Wilderer bekämen offenbar gezielt Aufträge, meinen die Experten, und seien technisch oft gut ausgerüstet, mit Schnellfeuergewehren etwa. Da würden "riesige Gemetzel" veranstaltet, sagt Freyer. Tiere, die entkommen, seien oft traumatisiert und reagierten Menschen gegenüber dann aggressiv.

Doch das Geschäft lohnt sich für die Wilderer: Während nach dem absoluten Handelsverbot 1989 die Preise für Elfenbein einbrachen, lassen sich mit einem Kilo derzeit bis zu 1000 Euro verdienen, wie Freyer sagt. Noch vor wenigen Jahren sei es nicht einmal die Hälfte gewesen. Derzeit leben zwischen 470.000 und 690.000 Elefanten in Afrika. Pro Wildlife schätzt, dass pro Jahr rund 30.000 wegen ihrer Stoßzähne erlegt werden. "Es ist absehbar, dass die Populationen in einigen Ländern verschwinden werden", sagt Freyer.

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SZ vom 20.10.2009/jug
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