SZ-Klimakolumne:Das Christkind kommt...

SZ-Klimakolumne: Das hat gerade noch gefehlt: El Niño wird die Temperaturen weiter nach oben treiben.

Das hat gerade noch gefehlt: El Niño wird die Temperaturen weiter nach oben treiben.

(Foto: Jens Büttner/dpa)

... und bringt die Hitze mit. Wie aus dem natürlichen Klimaphänomen "El Niño" ein unnötig gefährlicher Gegner wurde, der die Welt in die Nähe der 1,5-Grad-Marke bringt.

Von Nadja Schlüter

Als Kind hing ich gerne im Zimmer meiner ältesten Schwester rum, weil sie einen Fernseher hatte. Ich lümmelte dann auf ihrem Bett und schaute an, was sie anschaute. Das war - Ende der Neunzigerjahre - meistens MTV oder irgendeine Daily Soap.

Aber dann standen die Abiturprüfungen meiner Schwester an. Eine davon in Geografie - und ich erinnere mich sehr gut, dass wir darum eine Dokumentation anschauten. Sie zeigte den Pazifik, Grafiken, in denen Meeresströmungen rot leuchteten, ausgetrocknete Böden und Überschwemmungen in Gegenden der Erde, sehr weit weg von meiner Heimat und auch sehr weit voneinander entfernt. Ich war fasziniert, alleine von dem Namen des Phänomens, das da beschrieben wurde: El Niño, das Christkind. Aber auch davon, wie es die ganze Welt beeinflusst und dass niemand es so richtig erklären konnte.

Kurz zur Erinnerung: Es handelt sich bei El Niño um eine unregelmäßige und anomale Erwärmung des tropischen Pazifiks, durch die das gesamte Weltklima beeinflusst wird. Unter anderem gibt es dann häufig extreme Trockenheit in Australien und Südasien und gleichzeitig extremen Regen in Nord- und Südamerika. Insgesamt wird es durch El Niño vor allem: wärmer.

El Niño lässt Temperaturen steigen, die ohnehin zu hoch sind

Damals habe ich das nicht als besonders bedrohlich empfunden, sondern eben als natürliches Phänomen.

Heute ist das anders. Denn wenn El Niño nun auftritt, steigen dadurch Temperaturen, die ohnehin schon zu hoch sind. Wir Menschen haben durch den Klimawandel aus einem natürlichen Phänomen einen Gegner gemacht, der gefährlicher ist, als er sein müsste.

Am Mittwoch dieser Woche ist der neue Bericht der Weltwetterorganisation WMO erschienen. In dem werden Vorhersagen für die weltweite Temperaturentwicklung der kommenden fünf Jahre gemacht. Er besagt: Mit einer Wahrscheinlichkeit von 66 Prozent werden wir bis zum Jahr 2027 mindestens ein Jahr erleben, in dem die weltweite Temperatur um mehr als 1,5 Grad über dem Normalwert im vorindustriellen Zeitalter liegt.

Ein Grund dafür wird wohl ein neuer El Niño sein, der sich in den kommenden Monaten entwickelt. Das jedenfalls prognostiziert die WMO. Die gute Nachricht ist: Das bedeutet auch, dass wir noch nicht mit einer dauerhaften Überschreitung der im Pariser Klimavertrag vereinbarten 1,5-Grad-Grenze rechnen müssen, sondern nur mit einer temporären. Aber auch eine solche temporäre Überschreitung war noch im Jahr 2015 sehr unwahrscheinlich. Seitdem ist viel passiert, oder zu wenig, je nachdem.

Der WMO-Bericht liest sich auch ansonsten eher düster: Die Wahrscheinlichkeit, dass eines der kommenden fünf Jahre das wärmste jemals gemessene wird, liegt bei 98 Prozent. Und die Arktis wird sich vermutlich drei Mal schneller erwärmen als der Rest der Welt.

Übrigens hat auch El Niño eine Schwester: Das Phänomen La Niña hat einen kühlenden Effekt auf die Welt, der hat die vergangenen drei Jahre gewirkt. Aber mal davon abgesehen, dass auch La Niña gravierende Auswirkungen hat (die langanhaltende Dürre am Horn von Afrika ist eine davon), waren die vergangenen acht Jahre trotzdem die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. La Niña kann uns also auch nicht wirklich helfen. Das müssen wir schon selbst tun.

(Dieser Text stammt aus dem wöchentlichen Newsletter Klimafreitag, den Sie hier kostenfrei bestellen können.)

Zur SZ-Startseite

SZ PlusKlimawandel
:Es drohen zunehmend Blitzdürren

Weltweit entwickeln sich Dürren immer schneller. Für Landwirte und Ökosysteme ist es kaum möglich, sich auf die Trockenheit einzustellen. Und Europa zählt zu den Hotspots.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: