Süddeutsche Zeitung

Eisberge:Pech der Titanic

Die Titanic stach nicht in einem extrem eisreichen Jahr in See. Im vergangenen Jahrhundert gab es in vielen Jahren deutlich mehr Eisberge - und der Klimawandel verschärft das Problem für die Schifffahrt noch.

Von Christoph Behrens

Der Untergang der Titanic im April 1912 vor Neufundland kann wohl nicht auf ein extremes Eisbergrisiko zurückgeführt werden. Wie Forscher im Fachmagazin Weather (Vol. 69, No. 4) berichten, trieben in diesem Jahr zwar deutlich mehr Eisberge im Atlantik als in durchschnittlichen Jahren. Jedoch gab es im 20. Jahrhundert immer wieder Phasen, in denen sich sehr viel Eis in Grönland bildete und nach Süden abtrieb.

"1912 war signifikant, aber nicht extrem", schreiben die Forscher. Für die Analyse nutzten sie eine Datenbank der "International Ice Patrol" (IIP), die seit mehr als 100 Jahren Eisberge verzeichnet, die den 48. Breitengrad Richtung Süden passieren. Die Titanic sank weiter südlich auf Höhe des 42. Breitengrads.

Im Unglücksjahr 1912 zählten die Meteorologen 1038 Eisberge südlich der 48-Grad-Marke, jedoch gab es allein zwischen 1901 und 1920 fünf andere Jahre in ähnlicher Größenordnung. Der Rekord lag Mitte der 1980er bei mehr als 2000 Sichtungen.

Noch immer ein Risiko für die Schifffahrt

Wie viele Eisberge in einem Jahr entstehen, hat komplexe Ursachen. Gezeitenkräfte spielen eine große Rolle, in einigen Jahren werden diese Kräfte durch die Konstellation zwischen Mond und Erde wohl verstärkt. Wissenschaftler vermuten auch einen Zusammenhang mit der Sonnenaktivität.

Die Daten des IIP weisen zudem darauf hin, dass der Klimawandel das Risiko durch Eisberge in jüngster Zeit verschärft hat. Allein in den 1990ern zählten die Forscher in fünf Jahren mehr Eisberge als im Jahr 1912. Besonders die Arktis verliert aufgrund der Erderwärmung verstärkt an Masse. "Eisberge bleiben ein Risiko für die Navigation", schreiben die Forscher.

Erst 2007 stieß das Kreuzfahrtschiff MV Explorer vor der Antarktischen Halbinsel mit einem Eisberg zusammen, die Passagiere mussten in Sicherheit gebracht werden. 2011 sank ein russisches Fischereischiff nach einer Kollision in antarktischen Gewässern. Das Risiko von solchen Kollisionen "wird wahrscheinlich in der Zukunft steigen, statt abzunehmen", warnen die Forscher.

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