Süddeutsche Zeitung

Eingewanderte Arten:Angriff der Aliens

Eingeschleppte Tiere und Pflanzen verursachen in Deutschland Schäden von mehr als 150 Millionen Euro. Einige der Eindringlinge können auch dem Menschen gefährlich werden.

Tina Baier

Mehr als 10.000 eingewanderte Arten leben in Europa. Es sind Tiere und Pflanzen, die nicht zur natürlichen Fauna und Flora gehören, sondern aus anderen Kontinenten eingeschleppt wurden. Viele von ihnen breiten sich aggressiv aus und verdrängen die einheimischen Arten.

"Die Veränderungen sind oft irreversibel und können genauso dramatisch sein wie die Folgen des Klimawandels", sagt Montserrat Vilà. Die Wissenschaftlerin von der Estación Biológica de Doñana in Sevilla ist Leiterin einer Untersuchung, in der ökologische und ökonomische Auswirkungen der in Europa fremden Lebewesen untersucht wurden (Frontiers in Ecology and the Environment, online).

Demnach leben in Europa 1094 Alien-Arten, die nachweislich ökologische Schäden anrichten. 1347 Spezies verursachen hohe Kosten. Auf Platz eins der Liste der zehn teuersten Aliens, die die Wissenschaftler zusammengestellt haben, steht die giftige Alge Chrysochromulina, die sich an der norwegischen Küste immer wieder explosionsartig ausbreitet. Ihre Bekämpfung verschlingt 8,2 Millionen Euro im Jahr.

2,9 Millionen Euro jährlich kostet die Biberratte, die vor allem in Italien Flussufer unterhöhlt und in Getreidefelder einfällt. Um eine Invasion des Citrusbockkäfers zu stoppen, der Laubbäume innerhalb weniger Jahre abtötet, wurden in der Gegend um Mailand herum 2000 Bäume gefällt. Kosten: eine Million Euro.

Unangenehm für Badegäste

Der Erfolg war gleich null. Mittlerweile wütet der Käfer, der wahrscheinlich durch den Import von Bonsaigewächsen aus Asien eingeschleppt wurde, auf einem 200 Quadratkilometer großen Gebiet.

In Deutschland verursachen 20 der wichtigsten fremden Tier- und Pflanzenarten der Untersuchung zufolge jährliche Kosten von etwa 156 Millionen Euro. Allein eine Million Euro geht auf das Konto der Kanadagänse, die in Seen und Flüssen Unmengen von Fäkalien ausscheiden.

Das ist nicht nur für Badegäste unangenehm, sondern macht die Gewässer nährstoffreich und sauerstoffarm, so dass sich Algen ausbreiten und die Fische sterben. Zwölf Millionen Euro jährlich kosten die Bekämpfung und die Verluste durch drei früher in Deutschland unbekannte Schädlings-Arten, die gelagertes Getreide fressen.

Einige der Eindringlinge sind für Menschen außerdem nicht ganz ungefährlich. In Spanien vermehren sich zwei giftige Spinnenarten, die ursprünglich aus den USA stammen und sich bevorzugt in dunklen Ecken im Inneren von Wohnhäusern aufhalten.

Dasselbe gilt für die Rotrückenspinne, die früher ausschließlich in Australien lebte. Außerdem gedeihen in den verschiedensten Regionen Europas neuerdings sieben Moskitoarten, die Krankheitserreger übertragen können.

Auch manche der gebietsfremden Pflanzen können für Menschen zum Gesundheitsproblem werden. In Deutschland gehört dazu die Ambrosie, die Unmengen hochallergener Pollen produziert, sowie der Riesenbärenklau. Sein Saft verursacht Hautverletzungen, die genauso schmerzhaft sind wie eine Verbrennung.

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Quelle:
SZ vom 22.04.2009/gal
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