Eidechsen:Für England gerüstet

Vor etwa 100 Jahren sind Mauereidechsen aus Italien und Frankreich nach England eingewandert. Die Tiere vertragen das britische Schmuddelwetter gut. So gut sogar, dass Biologen auch für andere Arten Hoffnung haben.

Von Marlene Weiß

Wenn eine Art mit veränderten Klimabedingungen zurechtkommen muss, kann die Evolution sehr schnell ablaufen. Das haben Forscher um Tobias Uller von der University of Oxford an Mauereidechsen beobachtet, die vor kaum 100 Jahren aus Italien und Frankreich nach Großbritannien gelangten und sich bereits gut an kühle Temperaturen angepasst haben (Proceedings of the Royal Society B). Sollte das Phänomen auch bei wärmerem Klima auftreten, könnten Arten womöglich besser als gedacht auf den Klimawandel reagieren.

Die Wissenschaftler fingen 122 Mauereidechsen aus elf Populationen in der Toskana, Westfrankreich und Südengland und brachten sie in ein Gehege im Südwesten Großbritanniens. Vor allem bei der Fortpflanzung bereitet kaltes Wetter Eidechsen laut den Forschern Probleme: In kühlen Nestern dauert es länger, bis die Jungen schlüpfen. Oft gelingt es gar nicht, und selbst wenn, naht schon der Winter, und sie haben schlechte Überlebenschancen.

Die an das Klima gewöhnten britischen Echsenweibchen legten ihre Eier aber zwei Wochen später ab als ihre Verwandten aus dem Süden, sodass ihr Nachwuchs länger von der Körperwärme profitierte. Die Embryonen waren bei der Eiablage weiter entwickelt, hatten teils einen höheren Puls und gediehen im Ei viel schneller als der Nachwuchs der Echsenmütter aus dem Süden unter gleichen Bedingungen. Nach einem typischen britischen Sommer, schätzen die Wissenschaftler, dürften die jungen Echsen aus Einwandererfamilien insgesamt bis zu drei Wochen früher schlüpfen als ihre neu nach England verschleppten Verwandten. Damit hätten sie weit bessere Chancen, das Frühjahr zu erleben und sich selbst fortzupflanzen.

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