Es ist faszinierend zu beobachten, wie eine simple Gemüsesorte ganz Europa aufmischen kann. Seit Jahren dient die Gurke als Beweis für europäische Bürokratie. Brüsseler Beamten wird gern vorgeworfen, sie hätten nichts Besseres zu tun, als den Krümmungsgrad der Frucht vorzuschreiben. Der Vorwurf hält näherem Hinsehen zwar nicht stand, aber trotzdem bleibt das hartnäckige Gerücht in der Welt. Und jetzt sorgt die Gurke sogar für ernsthaften Ärger.
Die Spanier werfen den Deutschen vor, das auf der Iberischen Halbinsel angebaute Gemüse zu Unrecht als Träger der lebensgefährlichen Ehec-Erreger geschmäht zu haben - und fordern Schadenersatz, theatralisch unterstützt von einer öffentlich eine Gurke essenden Ministerin. So viel Mut hält indes die Russen nicht davon ab, gleich alle Gemüseeinfuhren aus Europa zu stoppen. Moskau soll nun der für Handel zuständigen Europäischen Kommission eine Erklärung dafür abliefern. Mal sehen, ob die Russen das tun werden.
Das Theater um die Gurke wäre amüsant, ginge es nicht um Leben und Tod. Der Ehec-Keim wütet aggressiv. Betroffene leiden binnen kurzer Zeit an Krampfanfällen, etliche können nicht mehr sprechen, manche sterben. Forscher und Ärzte versuchen alles, um den Träger des Keims zu finden. Im Eifer haben die deutschen Behörden zu schnell vor spanischen Gurken gewarnt. Das ist bedauerlich und sicher auch zu entschädigen, aber kein Grund für diplomatischen Streit. Die Europäer sollten sich besser fragen, warum die EU-Kommission die deutsche Warnung übernommen hat, ohne einen eigenen Test zu machen. Das nüchterne Fazit lautet deshalb: von sofort an Doppel-Checks.