Der Anstieg der Temperaturen hat sich in Deutschland laut Deutschem Wetterdienst (DWD) in den vergangenen Jahren merklich beschleunigt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Klimabilanz, die der DWD am Dienstag präsentierte. Darin beschreiben die Meteorologinnen und Meteorologen erhebliche Folgen der Erderwärmung für Deutschland, etwa mehr Starkregen, Hitzewellen und Dürren.
Mit 10,9 Grad im Jahresmittel war 2024 demnach in Deutschland das bisher wärmste Jahr seit Messbeginn. Damit wurde der alte Rekord aus dem Vorjahr um 0,3 Grad übertroffen. „Das ist aus klimatologischer Sicht ungewöhnlich viel“, sagt Andreas Becker, Leiter der Abteilung Klimaüberwachung beim DWD. Die zehn wärmsten Jahre seit 1881 erlebte Deutschland damit in den vergangenen 25 Jahren. Temperaturen, die vor 1990 noch extrem waren, seien heute weitgehend normal geworden, betonen die Experten.
Um 2,5 Grad hat sich Deutschland seit Ende des 19. Jahrhunderts erwärmt
Die Häufung von Rekordjahren in letzter Zeit hat den DWD nun veranlasst, den Erwärmungstrend mit einer neuen Methode zu erfassen. Bislang nahmen die Experten einen linearen Trend der Mitteltemperatur an, was eine Erhitzung um 1,9 Grad im Vergleich zu 1881 ergibt. Aber: „Dass die Temperatur gleichmäßig ansteigt, sehen wir eben nicht“, betont Becker im Hinblick auf die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte. Vielmehr steige die Temperatur mittlerweile beschleunigt an. Die neue Trendlinie des DWD sieht daher nicht mehr wie eine Gerade, sondern wie eine Kurve aus – und zwar eine nach oben. Ergebnis der neuen Berechnung ist, dass Deutschland sich seit Ende des 19. Jahrhunderts um 2,5 Grad erwärmt hat, mehr als ein Grad über dem globalen Trend.
Die Auswirkungen seien bereits heute gravierend, warnt der DWD. So gab es 2024 mehr als 50 Tage, in denen deutschlandweit mehr als 25 Grad erreicht wurden, doppelt so viel wie üblich. Dagegen zählten die Meteorologen deutschlandweit noch nie so wenige Frosttage mit Tiefstwerten unter null Grad.

„Während einige Regionen mit Überschwemmungen kämpfen, leiden andere unter Wasserknappheit.“
„Beim Niederschlag streuen die Werte immer stärker nach oben und nach unten“, sagt Tobias Fuchs, Vorstand Klima und Umwelt des Wetterdienstes. Auf sehr trockene Jahre folgten häufig sehr nasse. 2024 zählte etwa zu den eher feuchten Jahren, was half, die Grundwasserstände aufzufüllen. Aber nicht überall: So bekamen etwa Sachsen, Brandenburg und Baden-Württemberg zu wenige Niederschläge ab. „Während einige Regionen mit Überschwemmungen kämpfen, leiden andere unter Wasserknappheit“, sagt Fuchs. Auch die vergangenen beiden Monate waren deutschlandweit wieder zu trocken. Ob es wieder zu einer Dürre kommt wie zwischen 2018 und 2020, dürfte sich laut DWD aber erst in den nächsten Monaten entscheiden.
Neben Ernteausfällen vergrößere der Klimawandel auch andere wirtschaftliche Risiken, etwa infolge von Überschwemmungen und stärkeren Stürmen. „Auch die Biodiversität gerät unter Druck“, sagt Fuchs – das gelte besonders für Ökosysteme mit bereits reduzierter Widerstandsfähigkeit „wie den deutschen Wald“.
5,5 Milliarden Euro kosteten Extremwetterereignisse 2024 die Versicherer in Deutschland, etwa aufgrund der großflächigen Überschwemmungen im Frühjahr in Süddeutschland. Hierbei kam das Land sogar noch glimpflich davon, verglichen mit dem europäischen Ausland. So führte das Tief Boris im September in Österreich, Tschechien und Polen zu weiträumigen Überschwemmungen und Sturmschäden. Im Oktober kamen bei einer Flutkatastrophe in der spanischen Region Valencia 230 Menschen ums Leben, die Wassermassen zerstörten mehr als 60 000 Wohnungen, auch hier gehen die Schäden in die Milliarden. „Extremwetterereignisse“, sagt Andreas Becker vom DWD, „sind immer öfter Zahltage für Verfehlungen im internationalen Klimaschutz.“