Das kostet etwas Überwindung, die notwendige Speichelprobe für einen privaten Erbgut-Check zur Verfügung zu stellen. Zwei Milliliter Spucke brauchen sie, sagt Linda Avey, sonst fangen ihre Genetiker gar nicht erst mit der DNS-Analyse an.
Zwei Milliliter, das sei schon ein ganze Menge. Linda Avey zeigt mit Daumen und Zeigefinger die Größe eines Suppenlöffels. Zusammen mit Anne Wojcicki verkündete sie am Dienstag, dass sie ihr Angebot nun auch auf Europa ausweiten wollen.
Für 999 Dollar und jede Menge Speichel kann von ihnen jeder erfahren, was sein Erbgut nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft über sein Schicksal verrät.
Ausgestattet mit Startkapital von der Internetfirma Google hatten die Biologinnen im November ihren Internet-Service 23andMe gestartet, der das Risiko für einige Krankheiten benennen sowie genetische Ahnenforschung ermöglichen soll.
Zunächst war ihr Angebot auf die USA beschränkt. Fast gleichzeitig startete das isländische Unternehmen Decode Genetics unter dem Namen de CODE me ein nahezu identisches, aber von Anfang an international ausgerichtetes Angebot.
Etwa vier Wochen nach Einsendung der Speichelprobe kann sich der Kunde auf den Web-Seiten der Unternehmen einloggen und mit suchmaschinenartigen Programmen durch sein privates Erbgut surfen. Das Angebot sei so angelegt, dass "auch Laien Aussagen aus den genetischen Daten filtern können", sagt Anne Wojcicki.
Es gibt unter anderem Auskünfte über das individuelle Risiko, an erblichem Brust-, Darm-, oder Prostatakrebs zu erkranken. Die Wahrscheinlichkeit, Diabetes oder das Nervenleiden Multiple Sklerose zu entwickeln, prüfen ebenfalls beide Unternehmen.
Bereits in diesem Jahr würden mit Sicherheit eine Menge neuer Zusammenhänge zwischen Genen und Krankheiten bekannt, sagt Avey. Im Preis inbegriffen sind deshalb auch Updates der Suchprogramme. Im Gegenzug können die Gen-Daten in anonymisierter Form zu Forschungsinstituten und der Pharmaindustrie gelangen.
"Es sollte im Ermessen des Einzelnen liegen, wie viel er über seine Gene wissen möchte", sagt Wojcicki. Durch ihre eigene Analyse habe sie etwa entdeckt, dass ihr Brustkrebsrisiko bedingt durch ein einzelnes Gen etwa 30 Prozent über dem Durchschnittswert liege.
"Wir weisen aber darauf hin, dass wir nur einzelne Erbgutveränderungen überprüfen und keine vollständige Genomanalyse machen. Ob es wirklich zu einer Erkrankung kommt, hängt von sehr vielen weiteren Faktoren ab." Ein anderes Gen könnte etwa den negativen Effekt durchaus aufwiegen.
Der amerikanische Gentechnikpionier Craig Venter schätzt die Angebote als seriös ein und findet sie im Sinne der Aufklärung über genetische Zusammenhänge sinnvoll. Er selbst hat sein Genom vollständig sequenzieren lassen und für alle Welt zugänglich ins Internet gestellt.
Es müsse aber deutlich gemacht werden, dass die Genomforschung erst ganz am Anfang stehe, sagt Venter; die Ergebnisse müssten mit Vorsicht betrachtet werden. Wer ein Risiko entdeckt, sollte demnach einen Experten aufsuchen.
Wie viele Kunden sie schon gewonnen haben, wollen die Firmengründerinnen nicht verraten. Und auch aus Island gibt es darüber noch keine Informationen. Rechtliche Einwände gibt es gegen die Angebote nicht, solange der Kunde die Kontrolle darüber hat, wer in seinen Genen stöbert. Nicht jeder mag mit seinen Erbinformationen so großzügig umgehen wie Craig Venter.