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Dinosaurier und Kriechtiere:Auferstanden aus der Asche des Asteroiden

Ein riesiger Asteroid vernichtete vor 65 Millionen Jahren die Dinosaurier. Doch ihm fielen auch mehr als 80 Prozent der Echsen- und Schlangenarten zum Opfer. Die verbliebenen Schuppenkriechtiere konnten danach jedoch viele der zuvor von Dinosauriern besetzten Nischen übernehmen.

Von Markus C. Schulte von Drach

Als vor 65 Millionen Jahren ein Asteroid auf die Erde krachte, bedeutete das nicht nur das Ende der Dinosaurier. Auch die meisten Echsen- und Schlangenarten des heutigen Nordamerika wurden damals offenbar vernichtet. Das berichten Wissenschaftler von der Yale University in New Haven und der Harvard University in Cambridge, USA.

Bisher habe man gedacht, dass der Einschlag, der die Grenze zwischen den Erdzeitaltern Kreidezeit und Paläogen (K-Pg-Grenze, auch KT-Grenze) darstellt, nur wenig Auswirkungen auf die Artenvielfalt der Schuppenkriechtiere (Squamata) hatte, schreiben die Forscher im Fachmagazin PNAS. Tatsächlich aber seien etwa 83 Prozent der Kriechtier-Arten, die damals bereits existierten, um diese Zeit ausgestorben.

Nicholas Longrich und seine Kollegen analysierten Studien über Fossilien aus der Zeit, bevor und nachdem ein riesiger Asteroid den Chicxulub-Krater am Golf von Mexiko eingeschlagen war. Vor dem Ereignis existierten demnach etliche unterschiedliche Gruppen von Schlangen und Echsen, darunter Leguane, Geckos, Skinke und Schleichen. Ihre Artenvielfalt sei so groß gewesen, "dass man genauso gut vom Zeitalter der Echsen sprechen könnte wie vom Zeitalter der Dinosaurier", sagte Longrich. Eine Art, die zuvor noch nicht beschrieben worden war, nannten die Wissenschaftler Obamadon gracilis, was so viel heißt wie "schlanker Obamazahn".

Den Zusammenstoß mit dem Asteroiden überlebten jedoch nur kleinere, und weit verbreitete Squamata-Arten. Sie hatten möglicherweise den Vorteil, dass sie eher als große Reptilien Deckung vor der Hitze fanden, die der Asteroid verursachte. Das gleiche gilt für die Kälte, die folgte, da so viel Staub in die Atmosphäre gelangte, dass über Jahre kaum noch Sonnenlicht zum Erdboden gelangte.

Erst zehn Millionen Jahre später erreichte die Artenvielfalt innerhalb der Ordnung der Schuppenkriechtiere wieder ein ähnliches Niveau wie während der Kreidezeit.

Eine Chance für die Kleinen

Dass gerade kleinere Echsen und Schlangen überlebten, wirft auch ein interessantes Licht auf das Schicksal der Dinosaurier. Diese Urzeitechsen hatten sich bis zum Ende der Kreide vor allem zu großen Pflanzen- und Fleischfressern entwickelt, die nach dem Asteroideneinschlag verschwanden. Zwar gab es auch eine Reihe von kleineren Dinosauriern, zum Beispiel hühnergroße Dromaesoaurier wie Microraptor. Zum Zeitpunkt des Asteroideneinschlags war die Zahl der Arten von kleinen Schuppenkriechtieren jedoch deutlich größer. Möglicherweise verdrängten diese die wenigen überlebenden kleinen Dinosaurier und übernahmen ihre ökologischen Nischen.

Das Massensterben "führte letztlich zu der Entwicklung der Artenvielfalt der Echsen und Schlangen, die die Fauna heute dominieren, da die Vorfahren der modernen Gruppen buchstäblich aus der Asche des Asteriodeneinschlags hervortraten", schreiben die Forscher.

Nur eine größere Gruppe von ebenfalls kleinen, jedoch außergewöhnlichen Dinos überstand die Katastrophe und entwickelte bis heute ebenfalls eine große Artenvielfalt: die Vögel.

Die Idee, eine der ausgestorbenen Arten nach dem kürzlich wiedergewählten US-Präsidenten zu benennen, habe übrigens keine politische Bedeutung, betonte Longrich. "Wir haben eben Spaß bei der Vergabe der Namen."

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