Dass sich Ankylosaurier wehren konnten, ist offensichtlich: Die Tiere hatten einen stacheligen Panzer und einen langen Schwanz mit knüppelartiger Spitze, der nicht zuletzt Fressfeinde abschrecken konnte. Der bekannte Tyrannosaurus Rex etwa hätte bei einem Angriff um seine Schienbeine fürchten müssen: "Zuul crurivastator" werden Ankylosaurier heute genannt, das bedeutet so viel wie "Bein-Zerstörer". Die Tiere selbst hatten recht kurze Beine, wurden vier bis sechs Meter lang, lebten vor 166 bis vor 66 Millionen Jahren, und sie ernährten sich nur von Pflanzen. Friedfertig aber waren sie wohl nicht. Im Gegenteil.
Wissenschaftler vom Royal Ontario Museum in Toronto und vom North Carolina Museum of Natural Sciences in Raleigh, USA, haben nun einen besonders gut erhaltenes Fossil genauer untersucht; über ihre Ergebnisse berichtet das Team um die Evolutionsbiologin und Paläontologin Victoria Arbour nun in der Fachzeitschrift Biology Letters. Die Saurier setzten ihre keulenartigen Schwänze demnach wohl eher selten zur Verteidigung gegen Fleischfresser ein, sondern vor allem gegen Artgenossen.
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Fossilien von Ankylosauriern wurden auf verschiedenen Kontinenten entdeckt, das nun untersuchte Exemplar stammt aus Montana, USA. Der Körper der Tiere war von verschieden großen Knochenplatten, sogenannten Osteodermen, bedeckt. An den Seiten trug er große Stacheln. An diesem Fossil aber fehlten diese Spitzen auf beiden Seiten jeweils in der Nähe der Hüften. Zudem waren darunterliegende Osteoderme jeweils gebrochen und in verschiedenen Stadien wieder verheilt. Offenbar hatte der Zuul über einen längeren Zeitraum immer wieder Schläge auf diese Stelle erlitten.
Die Verletzungen deuten auf ein komplexes Sozialverhalten hin
Wer hatte zugeschlagen? Ein großer Raubsaurier sei es eher nicht gewesen, meinen die Forscher. Ein Tyrannosaurus etwa hätte eher zufällig verteilte Verletzungen am ganzen Körper hinterlassen, vor allem aber am Rücken - schließlich war der Räuber deutlich größer - sowie am vergleichsweise verletzlichen Nacken. Stattdessen befanden sich die Verletzungen laut Studie jedoch gut in der Reichweite anderer Ankylosaurier-Schwanzkeulen. Diese waren zu wenig flexibel, um etwa den Rücken eines anderen Ankylosauriers zu treffen. Zuschlagen konnten die Tiere nur von der Seite.
Für die Forscher deutet das auf ein komplexes Sozialverhalten der Ankylosaurier hin. Verletzungen stets an denselben Stellen sprechen für ein ritualisiertes Kampfverhalten. Die Wissenschaftler spekulieren über Rangordnungskämpfe und womöglich auch eine Brunftzeit, während der die Tiere auf Konkurrenten losgingen. Dabei schlugen sich die Ankylosaurier gegenseitig ihre Schwanzkeulen in die Flanken.
Ob es einst Unterschiede zwischen den Keulen von Männchen und Weibchen gab, ist unklar. Anhand des Fossils ist es schwer, das Geschlecht des untersuchten "Zuul crurivastator" zu bestimmen. Doch die Evolution dieser Keulen ist nach der Auffassung von Victoria Arbour und ihrem Team weniger dadurch beeinflusst worden, wie gut sie vor Raubsauriern schützten. In dem Fall zum Beispiel wäre es nützlich gewesen, wenn die Keulen im Laufe der Evolution größer geworden wären - denn auch die dominanten Raubsaurier legten an Größe zu. Entscheidend war aber offenbar etwas anderes: Nämlich wie effektiv sich mit den Keulen andere Ankylosaurier verjagen ließen.