Diesel-Fahrverbote:Was sind eigentlich NOx und PM10?

Diesel-Pkw

Sind Diesel-Fahrverbote rechtmäßig? Darüber urteilt das Bundesverwaltungsgericht am Donnerstag.

(Foto: picture alliance / Hendrik Schmidt)

In der Debatte um Diesel-Fahrverbote geraten so manche Begriffe durcheinander. Fragen und Antworten zu Feinstaub, Stickoxiden und Luftverschmutzung.

Von Thomas Harloff und Jan Schwenkenbecher

Kaum eine Debatte wird so heftig geführt wie die um den Diesel. Kein Wunder, schließlich drohen - wenn das Bundesverwaltungsgericht eine entsprechende Entscheidung trifft - bald Fahrverbote in einigen deutschen Städten. In der Diskussion wird allerdings viel vermischt, das eigentlich getrennt werden muss. Feinstaub, Stickoxide, Abgasnormen, Speicher- sowie SCR-Katalysatoren und Einiges mehr. Ein Überblick in sieben Fragen.

Was sind Stickoxide?

Stickoxide sind gasförmige Verbindungen aus Stickstoff (N) und Sauerstoff (O). Da es davon viele verschiedene gibt, werden sie mit der Sammelbezeichnung NOx zusammengefasst. Bei Autoabgasen bezieht sich NOx meist auf die Summe aus ausgestoßenem Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2). Bei den Schadstoffen in Auto-Abgasen machen Stickoxide nach Kohlendioxid und Kohlenmonoxid den drittgrößten Anteil aus. Diesel-Pkw sind im Verkehrssektor der größte Verursacher von Stickoxiden. Laut Umweltbundesamt (UBA) sind sie in der Stadt für über 73 Prozent der Stickoxid-Emissionen verantwortlich. Und das, obwohl der NOx-Ausstoß des Verkehrssektors zwischen 1990 und 2015 von etwa 1,5 Millionen auf 450 000 Tonnen abgenommen hat.

Wie entstehen Stickoxide im Dieselmotor - und was lässt sich dagegen tun?

Der Verkehr ist seit jeher der mit Abstand größte Verursacher von Stickstoffoxid-Emissionen in Deutschland. Mit dem Boom der Diesel-Pkw in den vergangenen 20 Jahren hat sich das Problem verschärft. Um sparsam zu sein, verbrennen Diesel ihren Kraftstoff bei sehr hohen Temperaturen. Dabei kommt es zu chemischen Reaktionen, bei denen Stickoxide entstehen, die direkt neben Fußgängern und Radfahrern in die Luft geblasen werden.

Von Dieselautos verursachte Stickoxide lassen sich auf zwei Arten bekämpfen. Zum einen mit Speicherkatalysatoren, die mit einer speziellen Beschichtung NOx aufnehmen. Diese Katalysatoren reinigen sich immer wieder mit einem chemischen Prozess selbst, wobei sich allerdings Spritverbrauch und Feinstaubausstoß erhöhen. Effektiver sind SCR-Katalysatoren. Darin reagiert eine Harnstofflösung (Adblue) mit den im Abgasstrom vorhandenen Stickoxiden zu Stickstoff und Wasser. Selbst wenn sie in älteren Euro-5-Dieseln nachgerüstet werden, können SCR-Systeme dem ADAC zufolge den NOx -Ausstoß um 50 bis 70 Prozent reduzieren. Die Autohersteller halten das aber für einen zu großen Eingriff in die Autos und wollen das Problem lieber über Software-Anpassungen lösen. Experten halten deren Verbesserungspotenzial allerdings für gering.

Was ist Feinstaub und welche Arten gibt es?

Staub ist eine Sammelbezeichnung für allerlei Teilchen, die so klein sind, dass sie eine Weile lang in der Luft schweben. Feinstaub wiederum ist besonders kleiner Staub. Es gibt verschiedene Größeneinteilungen: PM10 (Teilchen, die kleiner sind als 10 Mikrometer), PM2,5 (kleiner als 2,5 Mikrometer) und Ultrafeinstaub (kleiner als 0,1 Mikrometer). Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist zwischen 50 und 100 Mikrometern dick. In Deutschland wird PM10 seit 2000 flächendeckend gemessen, seit 2008 auch PM2,5.

Feinstaub kann aus natürlichen Quellen wie Vulkanen, Waldbränden oder Bodenerosionen entstehen, er kann aber auch menschengemacht sein. In Ballungsgebieten sei, so das UBA, der Straßenverkehr die Hauptquelle. Hier entsteht Feinstaub einerseits durch den Verbrennungsprozess der Motoren, andererseits aber auch durch den Bremsen- und Reifenabrieb und das Aufwirbeln von auf der Straße liegenden Partikeln. Der Feinstaub-Ausstoß im Verkehrssektor hat sich zwischen 1995 und 2015 für PM10 um die Hälfte reduziert, für PM2,5 gar auf ein Drittel.

Wie entsteht Feinstaub im Verbrennungsmotor - und was lässt sich dagegen tun?

So manches alte Dieselauto stößt beim Beschleunigen eine Rußwolke aus. Die Folge einer unvollständigen Verbrennung des Kraftstoff-Luft-Gemischs, bei der sich enorm viele Feinstaubpartikel bilden. Mit Einführung der Euro-5-Abgasnorm im Jahr 2009 konnte das Problem eingedämmt werden. Der darin geforderte Partikelausstoß von maximal fünf Milligramm pro Kilometer ließ sich nur realisieren, indem von da an jedes Dieselauto mit einem Filter ausgerüstet wurde. Damit auch fortan ältere Diesel in Innenstädte fahren durften, förderte die Bundesregierung deren Nachrüstung mit Erleichterungen bei der Kfz-Steuer. Seit einigen Jahren zeigt sich, dass moderne Benzinmotoren ebenfalls zu viele Feinstaubpartikel ausstoßen. Weil nun auch für sie strengere Abgasregeln gelten, wird der Ottopartikelfilter quasi Pflicht.

Wie schädlich sind Stickoxide und Feinstaub?

Welche anderen Feinstaub-Quellen gibt es im Straßenverkehr?

Nach Daten des Umweltbundesamtes ist der Verkehr der drittgrößte Feinstaub-Emittent nach der Industrie und der Landwirtschaft. In Ballungsgebieten ist er gar die Staubquelle Nummer eins, in München beträgt der Anteil etwa 50 Prozent. Der im Motor entstandene Feinstaub wird dabei immer weniger - das zeigt, dass Partikelfilter wirken. Andere Quellen, die aktuell zu 80 bis 85 Prozent für den verkehrsbedingten Feinstaub verantwortlich sind, aber bleiben: Abrieb von Reifen und Bremsen und natürlich der Straßenstaub, der durch Fahrzeuge aufgewirbelt wird. Selbst wenn nur Elektroautos durch die Städte fahren würden, würde sich die Feinstaubbelastung durch den Verkehr also kaum verringern.

Wie schädlich sind Stickoxide und Feinstaub?

Bei den Stickoxiden birgt insbesondere das Stickstoffdioxid gesundheitliche Gefahren für den Menschen. Bei einer Konzentration von 200 Mikrogramm pro Kubikmeter kann es zu Entzündungen von Augen, Rachenschleimhaut, Bronchien oder der Luftröhre sowie zu Hustenreiz und Atembeschwerden kommen. Aus Studien ist bekannt, dass Anwohner stark befahrener Straßen ein verringertes Lungenvolumen und eine geringere Atemkapazität besitzen. Besonders Menschen, deren Atemwege bereits beeinträchtigt sind, leiden unter dem Einfluss von Stickstoffdioxid.

In geringen Dosen führt Stickstoffdioxid allerdings nur zu geringen Langzeitschäden. Das ist beim Feinstaub anders, der auch in niedriger Konzentration gesundheitsschädlich ist. PM10, der größere Feinstaub, kann sich in der Nasenhöhle und in den Bronchien ablagern, PM2,5 gelangt bis in die Bronchiolen und die Lungenbläschen. Ultrafeinstaub kann sogar bis ins Lungengewebe und den Blutkreislauf dringen. Im vergangenen Herbst gab die Europäische Umweltagentur (EEA) in einem Bericht an, dass jährlich in der EU etwa 400 000 Menschen vorzeitig an den Auswirkungen von Feinstaub sterben, mit 66 000 Opfern lag Deutschland hier an erster Stelle.

Was verschmutzt sonst noch die Luft in Städten?

CO2: Kohlenstoffdioxid macht den größten Posten an vom Verkehr ausgestoßen Schadstoffen aus. Für den Menschen ist es nicht direkt schädlich, allerdings macht CO2 den größten Anteil aller Treibhausgase aus, die zur Erderwärmung führen. Seit 1990 gehen die vom Verkehr ausgestoßenen Kohlendioxid-Werte in Deutschland kontinuierlich zurück.

CO: Nach CO2 ist das farb- und geruchlose Gas Kohlenstoffmonoxid (CO) der am meisten durch Verkehr ausgestoßene Schadstoff. Für Menschen ist es bedeutend gefährlicher als CO2. Das Gas beeinträchtigt die Sauerstoffaufnahme und kann in hoher Konzentration Auswirkungen auf das Zentralnervensystem haben. Der CO-Ausstoß von Pkw hat momentan in Deutschland auf die Gesundheit allerdings keine Auswirkungen, da er bereits stark gefiltert aus dem Auspuff kommt und sich schnell in der Luft verteilt.

VOCs: Sogenannte flüchtige organische Verbindungen (VOCs) machen die viertgrößte Komponente der Abgas-Schadstoffe aus. Damit sind kohlenstoffhaltige Stoffe gemeint, die schnell verdampfen. Im Straßenverkehr können sie beim Tanken entweichen oder wenn Kraftstoff nicht komplett verbrannt wird. In sehr hohen Konzentrationen können sie Reizungen auslösen. Diese Gefahr besteht im Straßenverkehr allerdings nicht. Gefährlicher für die Gesundheit sind die Stoffe in Innenräumen, wo sie aus Wandfarben, Klebstoffen, Cremes oder Deos entweichen können, da sie sich drinnen nicht großflächig verteilen können. Doch selbst hier besteht laut UBA in Deutschland keine Gesundheitsgefahr.

Ozon: In 15 bis 30 Kilometern Höhe schützt die dortige Ozonschicht den Planeten vor der UV-Strahlung der Sonne, am Boden kann Ozon jedoch dem Menschen schaden. Im Straßenverkehr entsteht Ozon, wenn NOx oder VOCs mit dem UV-Licht der Sonne reagieren, daher ist der Ozon-Smog im Sommer besonders hoch. Laut WHO kann bodennahes Ozon bei Menschen zu Atemproblemen und verringerter Lungenfunktion führen, außerdem steht es im Verdacht, krebserregend zu sein.

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