Die Pläne des Umweltkommissars:Heldenhafte Provokation

Stavros Dimas hat sich entschlossen, den Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe auszuweiten. Nun will er auch Flugreisen in den Emissionshandel einzubeziehen.

Von Alexander Hagelüken

Stavros Dimas begann sein Amt vorsichtig. In seinen ersten zwei Jahren als Brüsseler Umweltkommissar fehlten die ganz spektakulären Initiativen.

Stavros Dimas will Flugreisen in den Emissionshandel einzubeziehen.

Stavros Dimas will Flugreisen in den Emissionshandel einzubeziehen.

(Foto: Foto: AP)

Der ehemalige Wirtschaftsanwalt ließ sich häufig von Industriekommissar Günter Verheugen und anderen überzeugen, progressive Umweltvorhaben abzuschwächen. Seit ein paar Wochen hat sich jedoch alles verändert.

Dimas mutierte auf einmal zum Helden der Ökoszene - und zum Schrecken der Wirtschaft.

Neuerdings hat sich der Grieche entschlossen, den Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe in Europa auszuweiten.

Die scharfe Vorgabe an Deutschland, Energiekonzernen weniger Kohlendioxid-Emissionen zuzubilligen, ist dabei nur der Anfang.

An diesem Mittwoch stellt Dimas seinen kontroversen Plan vor, auch Flugreisen in den Emissionshandel einzubeziehen.

Airlines würden vom Jahr 2011 an erstmals Grenzen erhalten, wie viel klimaschädliches Kohlendioxid (C02) sie in die Luft blasen dürfen. Höchste Zeit, findet Dimas: Der Schadstoffausstoß durch Luftverkehr habe seit 1990 um 87 Prozent zugenommen. Zwar ist die Branche nur für drei Prozent aller Emissionen in der EU zuständig.

Doch die Zahl der Flugreisen wird in den nächsten Jahrzehnten nach allen Prognosen weiter stark zunehmen. Und Kohlendioxid hoch über den Wolken belastet die Erdatmosphäre besonders.

Setzt sich Dimas durch, ist das Ende mancher Billigangebote gekommen. Jeder Flug innerhalb Europas würde sich um etwa zehn Euro verteuern. Einen Flug von Düsseldorf nach London zum Schnäppchenpreis von 7,49 Euro würde es dann nicht mehr geben. Transatlantikstrecken würden um rund 40 Euro teurer.

Europas Fluglinien warnen vor Umsatzeinbußen. Besonders empört sind die Unternehmen darüber, dass Dimas außereuropäischen Airlines bei Flügen nach Europa womöglich erst später C02-Vorgaben machen will. US-Lobbyisten hatten mit einem neuen Handelskrieg gedroht, falls ihre Fluglinien einbezogen würden.

Der Umweltkommissar arbeitet bereits an der nächsten Provokation. Dimas will Europas Autokonzerne zu mehr Klimaschutz zwingen. Die Unternehmen haben sich unter politischem Druck verpflichtet, den C02-Ausstoß neuer Wagen bis zum Jahr 2008 im Vergleich zu 1995 um ein Viertel zu reduzieren.

Das Ziel lässt sich aber kaum noch erreichen. Bis Ende vergangenen Jahres gelang den Herstellern nur eine Minderung um 13 Prozent, weil Spareffekte bei den Motoren durch mehr Klimaanlagen und andere Spritfresser an Wirkung verlieren. Dimas überlegt daher, die C02-Ziele per Gesetz vorzuschreiben - bei Verfehlung würde den Unternehmen eine Klage drohen.

Der Umweltkommissar sieht zu seiner harten Linie keine Alternative: Ohne zusätzliche Anstrengungen sei der Klimawandel unaufhaltbar. Als Kronzeuge zitiert der ehemalige Wirtschaftsanwalt einen Ökonomen: den britischen Regierungsberater Nicholas Stern, der wirtschaftliche Schäden von weltweit 1,8 Billionen Dollar pro Jahr voraussagt, falls der Temperaturanstieg auf der Erde nicht gestoppt wird.

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