Deutsche Krankenhäuser:Mangelnde Hygiene kostet Tausende Leben

Noch immer sterben bis zu 20.000 Menschen in deutschen Krankenhäusern aufgrund mangelnder Hygiene. Vor allem "Superkeime" sind ein Problem.

Man möchte es nicht glauben: In deutschen Krankenhäusern sterben jedes Jahr noch immer bis zu 20.000 Menschen aufgrund mangelnder Hygiene. Dazu kommen 500.000 Infektionen, die sich durch Hygienemaßnahmen verhindern ließen.

Das erklärte der Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH), Klaus-Dieter Zastrow vor dem 10. Internationalen Kongress der Gesellschaft in Berlin.

Konsequente Maßnahmen gegen die seit Jahren unverändert hohe Infektionsrate seien überfällig: So fordert die DGKH für jedes Krankenhaus mit mehr als 400 Betten einen eigenen Facharzt für Hygiene.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür müsse das Bundesgesundheitsministerium schaffen.

Patienten sind bereit für Hygiene zu bezahlen

Zur Finanzierung der Mehrkosten für hauptamtliche Hygiene-Fachärzte in Höhe von etwa 90 Millionen Euro verwies die DGKH auf eine von ihr in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage: Danach sind 64 Prozent der Bundesbürger bereit, bei einem Klinikaufenthalt für eine "optimale Hygienevorsorge" zehn Euro aus eigener Tasche zu bezahlen. Bei 18 Millionen Krankenhauspatienten jährlich reichten dafür sogar fünf Euro pro Person.

Das Problem der mangelnden Hygiene in Kliniken stellt sich nach DKGH-Darstellung unverändert seit 20 Jahren. Besonders hartnäckig sind MRSA-Infektionen.

MRSA steht für "Methicillin-resistente Staphylococcus aureus". Der Keim ist gegen Methicillin und zahlreiche andere Antibiotika unempfindlich und kann zu Lungenentzündungen, Blutvergiftungen oder anderen Infektionen führen.

Die Verbreitung solcher "Superkeime" wird durch zu häufigen, meist auch zu leichtfertigem Einsatz von Antibiotika gefördert. Auch mangelnde Sterilität ist ein Grund.

Regelmäßige Desinfektion der Hände

Würden die Hygienestandards alle eingehalten - dazu zählt bei Ärzten und Pflegepersonal zum Beispiel die regelmäßige Desinfektion der Hände - blieben den Patienten nicht nur längere Klinikaufenthalte erspart.

Krankenkassen und auch Krankenhäuser selbst profitierten finanziell von einer niedrigeren Infektionsrate, sagte Zastrow. Ließen sich unnötige Infektionen und Todesfälle vermeiden, ergebe sich daraus "ein Sparpotenzial in Milliardenhöhe".

Als prominente Leidtragende mangelnder Hygiene im Krankenhaus nannte der Chefarzt des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin der Vivantes-Kliniken Berlin die ehemaligen Bundesliga-Fußballer Matthias Sammer und Jens Jeremies.

Diese hätten wegen Infektionen nach Operationen am Knie ihre Karrieren beenden müssen. Allein diese beiden Fällle zeigen laut Zastrow, dass das Problem nicht nur Patienten betreffe, "die ohnehin todkrank sind", sondern auch viele junge Leute.

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