Depression:Kranke Seele, morsche Knochen

Depressionen bringen nicht nur die Seele ins Ungleichgewicht. Sie schwächen schon bei jungen Frauen das Skelett.

Werner Bartens

Depressionen schlagen nicht nur aufs Gemüt. Eine krankhaft gedrückte Stimmung kann auch das Herz angreifen und das Immunsystem schwächen. Neuerdings finden Forscher immer mehr Hinweise dafür, dass Depressionen sogar auf die Knochen gehen.

Depression: Neue Erkenntnisse über Depressionen: Nicht nur der Geist, auch der Körper ist gefährdet.

Neue Erkenntnisse über Depressionen: Nicht nur der Geist, auch der Körper ist gefährdet.

(Foto: Foto: istock photo)

Psychiater, Hormonexperten und Orthopäden aus verschiedenen Kliniken der USA schreiben im Fachblatt Archives of Internal Medicine vom Dienstag, dass schon bei Frauen mit einer milden Depression die Knochenmasse abnimmt und die Anfälligkeit für Brüche steigt (Bd. 167, S. 2329, 2007).

"Häufig sind Knochenbrüche die ersten Symptome einer Osteoporose, die Ärzte sehen", sagt Richard Nakamura, Direktor des Nationalen Instituts für seelische Gesundheit der USA. "Jetzt wissen wir, dass Depression ein Alarmsignal für brüchige Knochen sein kann."

Die Ärzte untersuchten fast 150 Frauen im Alter zwischen 21 und 45 Jahren, von denen zwei Drittel an einer als "mild" eingestuften Depression litten, die anderen waren seelisch gesund. Dichtemessungen ergaben, dass die Knochen bei depressiven Frauen erheblich dünner waren als bei psychisch stabilen Probandinnen.

So zeigte der Oberschenkelhals bei 17 Prozent der Frauen mit Depression einen Schwund der Knochenmasse, während nur zwei Prozent in der Vergleichsgruppe solche Veränderungen aufwiesen. In der Lendenwirbelsäule war die Knochendichte bei 20 Prozent der depressiven Frauen vermindert, dieser Befund wurde bei nur neun Prozent der anderen Frauen erhoben.

Ein Zusammenhang zwischen der Schwere der seelischen Erkrankung und dem Ausmaß des Knochenschwund beobachteten die Ärzte nicht. "Depression haben die Ärzte nicht als Risikofaktor für Osteoporose auf dem Radar", sagt Giovanni Cizza, ein Koautor der Studie. "Das sollte sich jetzt ändern." Schließlich hatten die Frauen in der Studie die Wechseljahre noch vor sich - erst danach steigt das Risiko für Knochenschwund stark an.

Die genauen Ursachen für den Knochenverlust bei Depression sind zwar noch unklar. Forscher vermuten jedoch, dass krankhafte Schwermut das Skelettsystem mittels erhöhter Adrenalinspiegel schwächen könnte. Adrenalin im Übermaß beeinflusst das Immunsystem und erhöht den Spiegel entzündungsfördernder Stoffe wie Interleukin-6. Diese Substanzen regen wiederum Prozesse an, die zu einem Abbau der Knochenmasse führen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: