Darmkeim Ehec: Vorwürfe gegen Deutschland:Merkel verteidigt deutsche Behörden

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Spanische Bauern sind wütend, Verbraucher in ganz Europa verunsichert - jetzt wird die Ehec-Krise auf höchster politischer Ebene verhandelt: Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte in einem Telefonat mit dem spanischen Regierungschef Zapatero das Vorgehen deutscher Behörden. Auf der Suche nach einem Medikament gegen das gefährliche Darmbakterium erwarten Forscher einen Durchbruch - und zwar bald.

Der Darmkeim Ehec beschäftigt die europäische Spitzenpolitik: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich eingeschaltet und mit dem spanischen Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero telefoniert. Merkel und Zapatero seien sich einig gewesen, "dass es jetzt vorrangig darum gehe, die Infektionsquelle des Ehec-Erregers zu identifizieren, um weitere Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung ergreifen zu können", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Nimmt die deutschen Behörden in Schutz: Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: dpa)

Merkel habe gleichzeitig aber auch auf die Verpflichtung der deutschen Behörden hingewiesen, die Bürger in allen Phasen zu informieren und die Analyseergebnisse an das europäische Schnellwarnsystem zu übermitteln.

In Spanien war die Wut auf die deutschen Behörden zuletzt gewachsen, Zapatero hatte Entschädigungen von der Europäischen Union gefordert. Der Grund: In Deutschland hatte es zunächst geheißen, spanische Gurken seien mit dem Darmkeim Ehec belastet gewesen. Der Absatz des Gemüses war daraufhin stark eingebrochen. Die Einschätzung erwies sich jedoch als falsch.

Laut Seibert zeigte Merkel "großes Verständnis für die wirtschaftliche Notlage des spanischen Gemüsesektors", aber auch andere europäische Gemüseerzeuger seien betroffen. Merkel und Zapatero vereinbarten der Erklärung zufolge, sich auf europäischer Ebene um Hilfen für die betroffenen Landwirte zu bemühen.

Auf der Suche nach Therapie und Schutz gegen das gefährliche Darmbakterium Ehec erwarten Forscher in der kommenden Woche konkrete Ergebnisse. "Wir erhoffen uns im Laufe der nächsten Woche Hinweise zur Verhinderung weiterer Infektionen" sagte Professor Dag Harmsen vom Universitätsklinikum Münster in HR-Info.

Zunächst müsse geklärt werden, was den Ehec-Keim so aggressiv mache. Dazu liefen derzeit verschiedene Untersuchungen. "Wir rechnen damit, dass wir bald genügend Daten haben, um Hinweise auf die Ursache der Aggressivität dieses Klons geben zu können", sagte Harmsen. Mit den bisherigen Erkenntnissen könne Patienten noch nicht geholfen werden.

Woher der Ehec-Erreger genau komme, sei noch nicht geklärt. Die genauere Kenntnis des mutierten Bakteriums und Vergleichsuntersuchungen an anderen Keimen werden aber Hinweise auf den Ursprung zulassen.

Forscher entschlüsseln Ehec-Ergbgut

Unterdessen war es den Forschern in Münster, Darmstadt und Hamburg nach eigenen Angaben gelungen, das Ehec-Erbgut zu entschlüsseln. Danach handelt es sich um eine Art Hybrid-Klon, der Eigenschaften unterschiedlicher Erreger in sich vereint. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf bestätigte, dass es sich dabei um einen seltenen Ehec-Stamm handele. Eine Sprecherin betonte, dieser Hybrid-Klon sei noch nie beobachtet worden. Die Ehec-Baktierien lösen das hämolytisch-urämische Syndrom aus, das bei Patienten zum Tod führen kann.

In der Nacht zum Donnerstag war in Hamburg das 17. Ehec-Opfer gestorben. Auch in Baden-Württemberg gab es möglicherweise einen ersten Ehec-Todesfall. In ganz Deutschland gibt es derzeit etwa 2000 gemeldete Infektionen und Verdachtsfälle. Nach WHO-Angaben haben insgesamt zehn Länder Fälle gemeldet.

Auch in den USA gibt es Verdachtsfälle. Vermutlich hätten sich drei Menschen, die Deutschland besucht hätten, mit Ehec infiziert, teilte ein Sprecher der US-Gesundheitsbehörde CDC mit. Es handele sich aber wahrscheinlich nicht um die tödliche Variante des Keims. Infektionsfälle wurden auch aus Großbritannien, den Niederlanden, Dänemark und Spanien gemeldet. Sie sollen im Zusammenhang mit dem Ausbruch in Deutschland stehen.

© sueddeutsche.de/AFP/dapd/dpa/juwe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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