Darmkeim Ehec:Stadt, krank, Fluss

Nach dem Fund des Ehec-Erregers in einem Bach bei Frankfurt stellen sich neue Fragen rund um den gefährlichen Darmkeim. Wie schützt man sich am besten, sind Sprossen nun für immer tabu - und besteht beim Baden Ansteckungsrisiko? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Katrin Blawat und Thomas Körbel

Seit der für die Ehec-Epidemie verantwortliche Erreger Husec041 in einem Bach bei Frankfurt entdeckt wurde, ist sicher: Der Keim findet sich auch in der Umwelt. Welche Gefahr wird künftig von diesem Bakterium ausgehen? Die SZ beantwortet die wichtigsten Fragen.

Gefährliche EHEC-Variante in Bach gefunden

Experten hatten im Wasser des Erlenbaches bei Frankfurt am Main die gefährliche Ehec-Variante Husec041 nachgewiesen.

(Foto: dpa)

Kann Ehec im Trinkwasser auftauchen?

Bislang wurde in keiner Trinkwasserprobe der Erreger Husec041 nachgewiesen. Wenn Keime im Trinkwasser gefunden werden, werden diese laut Umweltbundesamt (Uba) durch Desinfektion abgetötet. Im Vergleich zu Lebensmitteln oder Tieren sei Trinkwasser allerdings selten Überträger von Krankheitserregern. Gülle und Abwässer kommen normalerweise nicht mit Trinkwasser in Kontakt. "Das bedeutet, dass Trinkwasser aus größeren öffentlichen Versorgungen sehr sicher vor Ehec ist", so das Uba.

Besteht beim Baden Ansteckungsrisiko?

Am höchsten ist das Risiko in solchen Bächen, Flüssen und Seen, in die Abwässer oder Tierfäkalien fließen können. Kläranlagen reduzieren zwar die Zahl der Keime im Abwasser, vernichten aber häufig nicht alle Erreger. Gewässer werden allerdings routinemäßig mikrobiologisch untersucht. "In Gegenden, in denen sich sehr viele an Ehec erkrankte Menschen aufhalten und baden, ist eine Übertragung von Mensch zu Mensch in einem Badegewässer denkbar", teilt das Uba mit. Dieses Risiko sei aber nicht höher als bei anderen Kontakten zwischen Menschen. In Schwimmbädern sei das Ansteckungsrisiko hingegen sehr gering.

Sommer-Wetter auf Insel Rügen

In Gewässern, in denen sehr viele an Ehec erkrankte Menschen baden, kann der Keim übertragen werden.

(Foto: dpa)

Haben wir jetzt ein dauerhaftes Ehec-Problem in der Umwelt?

Theoretisch kann der gefährliche Stamm Husec041 einfach wieder verschwinden - weil er mutiert und so ungefährlich wird. Wahrscheinlicher ist, dass er ein Begleiter des Menschen bleibt. "Diese Ehec-Bakterien sind auf den Menschen angewiesen, um sich zu vermehren. In der Umwelt können sie überleben, aber sie vermehren sich nicht stark", sagt Helge Karch, Ehec-Experte an der Uni Münster. Allerdings ist zu vermuten, dass die Bevölkerung einen Immunschutz gegen Husec041 entwickelt, je mehr Personen damit in Berührung kommen.

Weshalb gibt es immer noch neue Infektionen?

Bundesinstitut bestätigt aggressiven EHEC-Typ an Sprossen

Eine elektronenmikroskopische Aufnahme von Ehec-Bakterien.

(Foto: dpa)

Die Zahl der Neuansteckungen geht seit einiger Zeit stark zurück. Der Höhepunkt war um den 22. Mai erreicht, als an einem Tag 161 Menschen an Ehec erkrankten und 63 an der Komplikation HUS. Insgesamt haben sich mehr als 3500 Menschen infiziert, 39 sind gestorben. Derzeit gibt es nur noch vereinzelt neue Fälle. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) stecken sich diese Menschen vermutlich bei Infizierten oder durch ältere Lebensmittel aus dem Kühlschrank an. Lebensmittel aus dem Handel spielen wohl keine Rolle mehr.

Wie können Menschen Ehec auf Lebensmittel übertragen?

Die Keime werden durch Schmierinfektion übertragen. Es müssen sich also Fäkalienspuren an den Fingern befinden, die dann auf Gegenstände oder Nahrung gelangen. Allerdings sind wohl viele Menschen mit Ehec infiziert, die dies nicht bemerken. Die Fachliteratur legt nahe, dass nur jeder hundertste Infizierte ein HUS entwickelt, sagt Helge Karch. Wenn dies tatsächlich für den aktuellen Ehec-Stamm gilt, haben sich rund 81000 Menschen angesteckt, die den Keim zum Teil weiterhin ausscheiden.

Welche Personen traf Ehec besonders schwer?

Die Ehec- und HUS-Patienten, die verstorben sind, waren laut RKI mit durchschnittlich 80 Jahren deutlich älter als die erkrankten Personen, deren Durchschnittsalter bei 40 bis 45 Jahren lag.

Wie kann ich mich zu Hause schützen?

Haende waschen

Der beste Schutz vor Bakterien: Hygiene. Händewaschen ist daher Pflichtprogramm.

(Foto: ddp)

Am wichtigsten ist Händewaschen - vor allem nach Toilettengang, Kontakt mit Tieren, Gartenarbeit sowie vor und nach dem Zubereiten von Speisen. Außerdem sollte es für Hände und Geschirr unterschiedliche Handtücher geben, die ebenso wie Lappen und Schwämme regelmäßig bei 60 Grad gewaschen werden. Das RKI empfiehlt, verdächtige Lebensmittel zehn Minuten lang auf 70 Grad zu erhitzen. Nahrungsmittel zu waschen, hilft zwar in Maßen gegen Keime auf der Oberfläche, nicht aber im Innern des Lebensmittels. Vor dem Schälen sollte man Gemüse ebenfalls waschen, um Keime von der Schale nicht auf dem Lebensmittel zu verteilen.

Darf man keine Sprossen mehr essen?

Aus mikrobiologischer Sicht sind Sprossen problematische Lebensmittel. Erreger können darauf gut überdauern. Vor allem am Ende der angegebenen Lagerzeit sei mit einer hohen Keimbelastung zu rechnen, so warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung und empfiehlt, Sprossen grundsätzlich zu erhitzen.

Wie hart trifft Ehec die deutschen Gemüse-Erzeuger?

Bauernverband: EHEC bedroht Existenz der Gemuesebauern

Geld zurück gibt es für Gurken, Tomaten und Blattsalate, die zwischen dem 26. Mai und dem 30. Juni nicht verkauft werden konnten.

(Foto: dapd)

Der Deutsche Bauernverband geht derzeit von einem Schaden von 75 Millionen Euro aus. 3000 der 10000 Gemüseproduzenten seien "stark betroffen". Seit der Entwarnung für Gurken, Tomaten und Salate sei der Verbrauch aber wieder auf etwa 80 Prozent des Normalverzehrs gestiegen.

Den rund 15 deutschen Sprossen-Produzenten habe die Krise indes nachhaltig zugesetzt, so die Agrarmarkt-Informations-Gesellschaft. Die Betriebe hätten kaum Überlebenschancen.

Wer wird entschädigt?

Landwirte können bis zum 11. Juli einen Antrag auf Entschädigung stellen. Geld gibt es für Gurken, Tomaten und Blattsalate, die zwischen dem 26. Mai und dem 30. Juni nicht verkauft werden konnten. Allerdings gebe es Kompensation nur für bestimmte Salatsorten, beklagt die der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse: "Produzenten von Rucola- und Feldsalat gehen leer aus."

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