3D-Drucker:Wie viele Badeenten braucht der Mensch?

Im Leben eines Wissenschaftsjournalisten vergeht kaum ein Tag, an dem nicht euphorische 3D-Drucker-Meldungen aus dem 2D-Drucker quellen. Die Frage ist: Wer will all die Plastikobjekte haben?

Ein Kommentar von Patrick Illinger

Kürzlich stand doch tatsächlich so ein Ding im Laden. Neben lauter Sachen, die man brauchen kann, neben Tintenstrahldruckern, Mehrfachsteckern und LED-Glühbirnen. Es wirkte fast unscheinbar, das Gerät, wie eine Mischung aus Mikrowelle und Heuschreckenterrarium. Ein veritabler 3D-Drucker war das. Die gibt es also wirklich.

Na gut, es war nicht Aldi, sondern einer dieser Läden, in denen man auch Modellbauflugzeugfarbe und batteriebetriebene HexBug-Roboter (elektronische Küchenschaben) bekommt. Insofern mag es Kundschaft geben, die mit einem 3D-Drucker unter dem Arm nach Hause kommt, Schatz, guck mal, heute Abend drucken wir uns was Hübsches. Eine Ladung Kunststoff-Paste in den Tank, das CAD-Programm am PC anwerfen, und los geht die Eigenproduktion selbst designter Plastikobjekte. Als bräuchte man im Alltag dauernd Kunststoff-Unikate. Ein verlorenes Playmobil-Schwert für die Kinder. Oder einen Ersatz-Flansch für den Spülmaschinenschlauch. Alles kein Problem mehr. Dann drucken wir das mal eben aus. Was für ein Quatsch.

Es mag schon sein, dass Industrie-Designer, Architekten, Goldschmiede oder Zahnärzte 3D-Drucker brauchen können, um Prototypen herstellen. Es mag auch sein, dass 3D-Drucker in hoch spezialisierten Betrieben sogar bei der Fertigung helfen. Gemessen an den überschaubaren, professionellen Einsatzgebieten macht der seit Jahren überbordende Hype um diese Technik jedoch ratlos. Im Leben eines Wissenschaftsjournalisten vergeht kaum ein Tag, an dem nicht euphorische 3D-Drucker-Meldungen aus dem 2D-Drucker quellen. Erst gestern ging es um raumklimatisch wertvolle Ziegelsteine, die dank eines 3D-Druckverfahren gelungen sind. Wird es in Schwaben also künftig heißen: Drucke, drucke, Häusle baue?

Wie viele Badeenten und Schlüsselanhänger braucht der Mensch?

Wer in Gegenwart technikaffiner Zeitgenossen auch nur leise Zweifel der Massenmarkttauglichkeit von 3D-Druckern äußert, wird sofort belehrt, fast immer mit Sätzen, die mit "Man kann damit aber. . ." anfangen. Und man möchte fast immer antworten: Man kann vielleicht, aber will man auch? Will man den eigenen Wohnraum mit selbstgemachten Plastikobjekten vermüllen? Wie viele Badeenten und Schlüsselanhänger braucht der Mensch?

Und will man, auch das eine wiederkehrende Vision, eines Tages 3D-gedrucktes Fleisch essen? Vielleicht passt dazu die Meldung dieser Woche, dass ein großer 3D-Drucker-Hersteller ein Fünftel seiner Belegschaft entlässt. Tja, und dann erzählt ein Kollege in der Kantine, wie die Eheringe seiner Hochzeit nicht zum Termin fertig wurden, und es mit einem 3D-Drucker gelang, rechtzeitig ein Provisorium herzustellen. Was soll man sagen? 3D-Drucker können Ehen retten. Ich nehme alles zurück.

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