Wissenschaftsbarometer:Das Virus stärkt das Vertrauen in die Wissenschaft

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Ein Großteil der Menschen in Deutschland vertraut der Wissenschaft, sagt das aktuelle Wissenschaftsbarometer. (Foto: imago images/Westend61)

In der Corona-Krise verlassen sich mehr Menschen denn je auf wissenschaftliche Erkenntnisse. Doch in der zweiten Welle bröckelt das Vertrauen in bestimmte Berufsgruppen wieder.

Von Hanno Charisius

Wie sehr Menschen in Deutschland der Wissenschaft vertrauen? 60 Prozent der Befragten gaben dazu im November an, dass sie "eher" oder "voll und ganz" in Wissenschaft und Forschung vertrauen. Das ist eine der zentralen Aussagen des "Wissenschaftsbarometers 2020", einer bevölkerungsrepräsentativen Meinungsumfrage, die seit 2014 versucht, die Einstellungen der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland gegenüber Wissenschaft und Forschung abzubilden.

Die Auftraggeberin der Umfrage, die gemeinnützige GmbH Wissenschaft im Dialog, sieht in diesem Zahlenwert den Beleg dafür, dass das generelle Vertrauen in Wissenschaft und Forschung in Deutschland hoch ist. Mit einem etwas pessimistischeren Blick kann man sich fragen: Und was ist mit den anderen 40 Prozent?

Das Coronavirus zwang viele Menschen dazu, sich überhaupt mit Wissenschaft zu befassen

So viele gehen laut der Umfrage auch davon aus, dass Wissenschaftler der Bevölkerung nicht alles verraten, was sie über das neue Coronavirus wissen. 15 Prozent sind der Auffassung, dass es keine eindeutigen Beweise für die Existenz von Sars-CoV-2 gibt. Immerhin 66 Prozent der Befragten hielten Anfang November die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus für angemessen.

Die 60 Prozent der Bevölkerung, die der Wissenschaft im November vertraut haben, kann man von zwei Seiten betrachten: Der Wert ist deutlich höher als in den vergangenen drei Jahren. Es ist wahrscheinlich vor allem dem Coronavirus zu verdanken, das viele Menschen dazu gezwungen hat, sich überhaupt mit Wissenschaft zu befassen. Auf der anderen Seite bekundeten im April noch 81 Prozent der Befragten Vertrauen in die Wissenschaft, im Mai waren es noch 73 Prozent. Das Vertrauen bröckelt von einem Höchstwert im Frühjahr während der ersten Welle wieder Richtung Durchschnitt.

Der Trend spiegelt sich auch beim Vertrauen in die Aussagen anderer Berufsgruppen wider: Im April glaubten 27 Prozent der Befragten den Aussagen von Journalisten, im November waren es nur noch 21 Prozent. Stärker ging noch das Vertrauen in die Politik zurück. Es sank von 44 auf 32 Prozent. Nur den Aussagen von Ärzten und medizinischem Personal wurde im November mehr Vertrauen entgegengebracht als im April - auch wenn der Unterschied mit 79 Prozent im Frühjahr zu 80 Prozent im Herbst sehr klein ausfällt, so bleiben diese Berufsgruppen die, denen die Bevölkerung am meisten traut.

77 Prozent der Befragten wollen, dass politische Entscheidungen zur Corona-Krise auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren. Es überrascht, dass offenbar auch Wissenschaftszweifler diesen Wunsch äußern. 42 Prozent der Befragten sehen es jedoch nicht als Aufgabe von Wissenschaftlern, sich in die Politik einzumischen. Im April waren nur 32 Prozent der Befragten gegen einen solchen Einfluss.

Zum Zeitpunkt der Umfrage, vor etwa einem Monat also, erklärten 55 Prozent der Befragten, dass sie sich wahrscheinlich impfen lassen, wenn es im kommenden Jahr einen in Deutschland zugelassenen Impfstoff gibt. Knapp 30 Prozent sagen, dies sei unwahrscheinlich. Der Rest ist unentschlossen.

Unsicherheiten im Erkenntnisprozess scheinen das Vertrauen der Bevölkerung nicht zu unterminieren. Sowohl im Frühjahr als auch im Herbst waren zwei Drittel der Befragten der Auffassung, dass Kontroversen zwischen Wissenschaftlern zu Corona hilfreich sind, damit sich die richtigen Forschungsergebnisse durchsetzen. Allerdings hatten im November mehr Befragte das Gefühl, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der öffentlichen Debatte nicht mehr klar zwischen gesichertem Wissen und offenen Forschungsfragen unterscheiden. Im April gelang dies noch besser.

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