Schulen:So wird die Luft in Klassenzimmern sauberer

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Was gilt zu beachten beim Einsatz von Luftfiltern in Klassenzimmern? (Foto: Julian Stratenschulte/picture alliance/dpa)

Worauf es bei der Verwendung von Luftfiltern ankommt.

Von Berit Uhlmann

Wer der dicken Luft eines vollen Schulzimmers entgegenwirken will, hat dazu prinzipiell zwei Möglichkeiten. Er tauscht sie gegen frische Luft aus oder filtert sie. Die simpelste Technologie für den Luftaustausch ist das Fenster. Komplexer sind Anlagen, die die Belüftung einzelner Räume oder ganzer Gebäude automatisch regeln. Zur Verhinderung von Corona-Infektionen empfiehlt das zuständige Umweltbundesamts (UBA) den Luftaustausch als Methode der ersten Wahl.

Nur wenn Räume nicht ausreichend belüftet werden können, empfiehlt das Amt, zur Filtermethode zu greifen und zusätzlich mobile Luftreiniger einzusetzen. In diesem Fall verbleibt die Luft im Raum, sie wird stattdessen durch einen Filter gesogen, in dem kleine Partikel wie Krankheitserreger, Stäube oder Pollen hängenbleiben. Feuchtigkeit und CO₂, das ab einer gewissen Konzentration Müdigkeit und Kopfschmerzen auslösen kann, werden durch die Filter nicht beseitigt, weshalb auch Räume mit mobilen Luftreinigern noch regelmäßig gelüftet werden müssen.

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Wie gut die Filter die Luft reinigen, hängt von zwei Faktoren ab. Ein Faktor ist die Frequenz, mit der die Geräte die Luft des Raumes durch den Filter ziehen. Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) empfiehlt in seiner Richtlinie zu Luftreinigern an Schulen, dass die Raumluft mindestens viermal pro Stunde gefiltert werden sollte.

Ist der Lüfter zu laut, ist konzentriertes Arbeiten nur noch schwer möglich

Der zweite Faktor ist die Fähigkeit des Filters, Partikel zurückzuhalten. In der Theorie erreichen viele der meist aus Vlies bestehenden Filter beeindruckende Werte. Die so genannten Hepa-Filter (high efficiency particulate air filter) schaffen es theoretisch, mindestens 99,95 Prozent der Partikel zu binden. Diesen Prozentsatz empfiehlt auch die VDI-Richtlinie für Schulen.

Doch tatsächlich gilt dieser Wert nur unter der Bedingung, dass alle Partikel den Filter auch erreichen. In der Praxis gelangen aber längst nicht alle Kleinstteilchen aus jedem Winkel des Raumes bis zu dem Vlies. Ist ein Raum zu groß für das Gerät, ist er verwinkelt oder befinden sich Hindernisse im Luftstrom des Reinigers, können Bereiche des Zimmers unerreicht bleiben. Real werden von den Luftreinigern zirka 80 Prozent der Viren zurückgehalten, sagt Hans-Jörn Moriske, bis vor wenigen Tagen Direktor am UBA. Auch Virus-Übertragungen im Nahbereich - wenn beispielsweise ein Schüler seinen Nachbarn anhustet - können die Geräte nicht verhindern, wenn sie mehrere Meter vom infektiösen Kind entfernt stehen.

Die Gesellschaft für Aerosolforschung weist in einer Stellungnahme darauf hin, dass die Rate, mit der die Luft durch den Filter gezogen wird, entscheidender für die Gesamtleistung des Gerätes sei, als die Feinheit des Filters. Eine etwas stärkere Luftumwälzung könne den Nachteil von einfacheren Filtern wettmachen und damit die Kosten des Gerätes deutlich senken.

Saugen die Gebläse mehr Luft an, können sie allerdings lauter werden. Die VDI-Richtlinie sieht vor, dass die Geräte den Wert von 35 Dezibel nicht überschreiten sollten. Dieser entspricht etwa der Lautstärke eines Tischventilators. Dabei wird berücksichtigt, dass die Lüfter ein kontinuierliches Geräusch erzeugen, das zu anderen Lärmquellen hinzukommt und damit sehr konzentriertes Arbeiten oder exaktes Verstehen, etwa beim Fremdsprachenlernen, erschweren kann.

Einige Filtergeräte verfügen zusätzlich noch über Technologien zur Inaktivierung von Erregern, beispielsweise durch UV-Strahlung. Dabei muss sichergestellt sein, dass die Strahlung nicht aus dem Gerät austreten kann. Die Wartung aller Geräte sollte nur durch entsprechend geschultes Personal ausgeführt werden.

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