Corona-Impfung:Eine Lösung für alle Fälle

Warum Kochsalz in der Medizin vielfach eingesetzt wird und ein bewährtes Hilfsmittel ist.

Von Werner Bartens

"In dieser Menge ist es total harmlos, das ist nicht gefährlich", sagt Wolfgang Schweiger über die Injektionsspritzen mit Kochsalzlösung. Der Notarzt aus der Nähe von München ist empört über die Mitarbeiterin des Impfzentrums in Norddeutschland, die Impfwilligen statt des schützenden Vakzins nur eine Natriumchlorid-Lösung in die Spritzen aufgezogen haben soll - medizinisch ist dies allerdings unbedenklich.

Jeder Arzt kennt entsprechende Lösungen zur Verdünnung und Auffüllung, die in vielen Bereichen der Medizin Anwendung finden. Venöse Zugänge bei Patienten werden damit offen gehalten, Medikamente darin gelöst, Wunden und Katheter gespült. Salzlösungen sind ein Universalmittel in der Medizin, besonders häufig kommen sie zum Ausgleich von Wasser- und Elektrolytverlusten zum Einsatz, wenn dehydrierte Patienten zügig Flüssigkeit benötigen.

Der Begriff physiologische Kochsalzlösung - besser: isotonische Kochsalzlösung - leitet sich aus der Konzentration des Salzes im Wasser ab. Um die richtige Mischung zu erhalten, kommen neun Gramm Kochsalz auf einen Liter Flüssigkeit, die Mixtur wird im Medizinerjargon auch als 0,9-prozentige Kochsalzlösung bezeichnet. Damit ist die Konzentration zwar geringer als im herkömmlich gesalzenen Nudelwasser, entspricht aber ziemlich genau der Teilchendichte von Blutplasma. Die ähnliche Dichte der Stoffmenge führt dazu, dass es nach der Injektion kaum Flüssigkeitsverschiebungen zwischen den Blutgefäßen und den umliegenden Zellen und Geweben gibt, was während einer Krankheit oder im Notfall den Organismus unnötig belasten würde.

Neben Salz- werden inzwischen auch Elektrolytlösungen verwendet

Kochsalzlösungen werden zwar schon lange in der Medizin eingesetzt, seit Jahren kommen allerdings häufiger balancierte Salz- und Elektrolytlösungen zur Anwendung, in denen neben Natrium und Chlorid auch noch andere Substanzen wie Kalium, Kalzium oder Lactat enthalten sind. Als Ringerlösung oder Ringer-Lactat-Lösung werden sie bezeichnet, und diese Infusionslösungen sind ausgewogener zusammengesetzt und daher noch etwas verträglicher als die Kochsalzlösung.

Wolfgang Schweiger, der am Klinikum Starnberg auch Patienten am Lebensende betreut, kennt noch andere Einsatzgebiete. "Wenn ältere Leute schwer krank sind und keine Magensonde oder Infusion mehr gelegt werden soll, geben wir ihnen palliativ auch mal 500 Milliliter Flüssigkeit über 24 Stunden subkutan", sagt der Arzt; sowohl Kochsalz- als auch Ringerlösung wird dazu verwendet. "Die wird im Unterhautbindegewebe resorbiert und dient zur Auffüllung von Flüssigkeit." Um den Schwerkranken weiteres Leid zu ersparen, bekommen sie auf schonende Weise die Flüssigkeit, die sie anders nicht mehr in ausreichender Menge zu sich nehmen können.

Gut möglich übrigens, dass die Menschen in Friesland, die mit der Spritze in den Deltamuskel Kochsalzlösung statt Impfstoff injiziert bekommen haben, trotzdem leichte Nebenwirkungen hatten. Die mechanische Verletzung durch die Spritze sowie das kleine Flüssigkeitsdepot im Muskel könnten bei einigen Menschen geringfügige Schmerzen im Oberarm ausgelöst haben.

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