COP22:Klimagipfel: Vereint gegen Donald Trump

Representatives of different indigenous groups from various countries protest during the UN Climate Change Conference 2016 (COP22) in Marrakech

Protest für mehr Klimaschutz am Rande der Konferenz in Marrakesch.

(Foto: Youssef Boudlal/Reuters)

Zum Ende des Klimagipfels in Marrakesch wird deutlich: Umweltschützer fürchten den künftigen US-Präsidenten. Jetzt ruhen die Hoffnungen ausgerechnet auf China.

Von Michael Bauchmüller, Marrakesch

Stunden vor dem Ende ergreift Unruhe die Klimakonferenz. Grüppchen von Umweltschützern, halbe Verhandlungsdelegationen und jede Menge Fotografen verlassen die riesigen weißen Zelte und machen sich auf Richtung Ausgang. Freitagmittag um halb eins: Ein Gruppenfoto steht an. Geplant ist aber kein Andenken an eine unvergessliche Klimakonferenz, sondern eine Botschaft. "Wir gehen voran", steht in großen Buchstaben zu Füßen der Schar, die sich da fotografieren lässt. Der Adressat ist einer, der womöglich zurückgeht: Donald Trump. "Die Welt rückt beim Klimaschutz zusammen", sagt Hubert Weiger, Chef des Umweltverbands BUND. "Auch wegen des Wahlergebnisses in den USA."

Zwei Stunden vor dem Gruppenfoto hocken in einem der klimatisierten Besprechungszelte knapp 50 Staaten zusammen, sozusagen ein Viertel der Welt. Äthiopien führt den Vorsitz, Kenia ist dabei, Kolumbien, Costa Rica, Sri Lanka. Die Gruppe nennt sich V 20 - die Gruppe der "vulnerablen", verletzlichen Staaten. Gemeinsam verabschieden sie eine Resolution, an der sie seit Monaten gearbeitet haben: ihren Beitrag zum globalen Klimaschutz. So schnell wie möglich, so heißt es da, wollten sie ihre Stromversorgung komplett aus Ökoenergien bestreiten. Rasch wollen sie Pläne aufstellen, um ihren Teil gegen die Erderwärmung zu tun. "Das ist der erste Schritt, um die Gezeiten zu ändern", sagt ergriffen die Delegierte der Marshallinseln - eine jener Inselgruppen, die der sich beschleunigende Klimawandel zunehmend nervös macht.

"Eine Tonne ist eine Tonne"

Zwei Wochen lang haben Delegierte aus 195 Staaten in Marrakesch verhandelt, doch es sind vor allem Erklärungen wie diese, die von ihr bleiben werden. China unterstützt eine Initiative, die erneuerbare Energien in Afrika vorantreiben soll. Japan macht sich stark für Versicherungslösungen, mit denen sich Staaten gegen Klimafolgen absichern können. Deutschland gründet mit 40 anderen Ländern eine Partnerschaft, um ärmere Staaten bei der Umsetzung ihrer Klimapläne zu unterstützen. "Die Konferenz hat geliefert", sagt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) gegen Ende. "Immer mehr Staaten machen Ernst beim Klimaschutz."

Erst in der Nacht enden die Verhandlungen, am Ende sind es nur noch Einzelheiten der Schlusserklärung, über die einige Staaten streiten. Im Kern geht es darum, wie aus dem Klimaabkommen von Paris in näherer Zukunft Klimaschutz werden kann.

"Politisch war das ein sehr wichtiges Treffen"

Dazu nämlich müssen die Staaten erst mal Standards entwickeln. Etwa, wie sich kontrollieren lässt, was von den schönen Klimaplänen tatsächlich in messbare Treibhausgas-Minderungen umgesetzt wurde - und was nicht. "Unser Grundsatz ist da ganz einfach", sagt der deutsche Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth. "Eine Tonne ist eine Tonne." Wer diese Tonne Emissionsminderung aber wie misst, und wie sie dokumentiert wird, das soll Gegenstand eines neuen Regelwerks werden. Bis 2018, so steht es im Entwurf der Schlusserklärung, soll dieses Regelwerk stehen.

Parallel soll eine Art Kassensturz anlaufen, bei dem die bisherigen Klimaschutz-Vorhaben der Staaten überprüft werden. Bislang haben 103 Staaten konkrete Pläne eingereicht, wie sie in den nächsten Jahren ihre Emissionen drosseln wollen. Auf Basis des Kassensturzes ließe sich klären, welche Pläne noch nachgeschärft werden müssen, um tatsächlich die Erderwärmung bei zwei oder gar 1,5 Grad plus zu begrenzen. Das genaue Prozedere wird aber auch hier noch offen bleiben, rein formal wird in Marrakesch nicht einmal die erste Paris-Konferenz beendet. Stattdessen wird die Uhr angehalten.

Die Hoffnungen vieler Umweltschützer ruhen nun auf China und Deutschland

Erst 2018 soll die erste Konferenz der Vertragsstaaten des Paris-Abkommens formal abgeschlossen werden; ein nicht unüblicher Trick. Bis dahin, so heißt es nun im Schlussdokument, müssen alle Leitplanken stehen, die das Abkommen so braucht. "Politisch war das ein sehr wichtiges Treffen", sagt Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan, selbst Amerikanerin. "Die globale Gemeinschaft hat Trump so rechtzeitig klare Signale geben können."

Die Hoffnungen vieler Umweltschützer ruhen nun auf China und Deutschland. China hat unmittelbar nach der Trump-Wahl klar gemacht, dass es vom Pariser Abkommen nicht abrücken wird. In Sachen Klimaschutz steht der Bremser von einst nun an der Spitze der Bewegung, zumindest in öffentlichen Verlautbarungen. Und Deutschland wird 2017 gleich zweimal Schauplatz wichtiger Konferenzen. Diesen Dezember übernimmt die Bundesrepublik von China den Vorsitz der Industrie- und Schwellenländergruppe G 20. Klimaschutz soll auch bei deren Gipfel im nächsten Sommer zentrales Thema werden. Im November dann steigt die nächste große Klimakonferenz - in Bonn. Formal werden die Fidschi-Inseln sie ausrichten, aber von den Tausenden Delegierten fühlte man sich dort überfordert. Schließlich wird es auf den Inseln zunehmend eng.

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