Klimawandel:CO2-Konzentration in der Atmosphäre erreicht neuen Höchststand

Laut einem Bericht der Weltorganisation für Meteorologie nahm der Treibhausgas-Ausstoß 2020 erneut deutlich zu - trotz Pandemie. Beim Klimaschutz drängt die Zeit.

Von Benjamin von Brackel

Die Covid-19-Pandemie hat das Wachstum der Weltwirtschaft zwar stark gebremst und die globale Mobilität reduziert - trotzdem brachte die Seuche keine Atempause im Kampf gegen den Klimawandel. Dem diesjährigen Treibhausgas-Bulletin der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) zufolge erreichte die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre im Jahr 2020 einen neuen Höchststand von 413 ppm (parts per million, Teilchen pro Million). 2019 lag der Wert noch bei 410,7 ppm, vor der Industrialisierung bei 287 ppm.

Solange die Weltgemeinschaft nicht klimaneutral wirtschaftet, wird dieser Wert weiter steigen. Deshalb sagt die Veränderung von Jahr zu Jahr etwas darüber aus, ob die Weltgemeinschaft beim Klimaschutz vorankommt: Zwar stiegen die CO₂-Emissionen im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr weniger stark an, dafür aber stärker als im Schnitt der vergangenen zehn Jahre. Und das obwohl die CO₂-Emissionen durch den Verbrauch fossiler Energieträger wie Kohle und Erdöl pandemiebedingt um 5,6 Prozent geschrumpft waren. "Bei der gegenwärtigen Zunahme der Treibhausgaskonzentrationen werden wir bis zum Ende dieses Jahrhunderts einen Temperaturanstieg erleben, der weit über den Zielen des Pariser Abkommens von 1,5 bis zwei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau liegt", warnt WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. "Wir sind weit ab vom Kurs."

Besorgniserregend stiegen auch die Methanemissionen - von 2019 auf 2020 sogar noch stärker als ein Jahr zuvor

Ähnlich hohe CO₂-Werte wie heute hätte es zuletzt vor rund drei bis fünf Millionen Jahren auf der Erde gegeben. Damals war es zwei bis drei Grad wärmer und der Meeresspiegel lag zehn bis 20 Meter höher als heute. "Aber damals gab es keine 7,8 Milliarden Menschen", sagt Talaas.

Die WMO koordiniert ein weltweites Beobachtungsnetz für Treibhausgase: Messapparate am Boden, auf Schiffen und an Flugzeugen. Aus der Auswertung der Messdaten ergibt sich der WMO-Bericht, der eine Standortbestimmung für die Verhandler ist, die sich ab Sonntag zum Weltklimagipfel in Glasgow versammeln. Erwartet wird, dass dort weitere Regierungen neue Klimapläne vorlegen und sich dazu bekennen, ab Mitte des Jahrhunderts netto keine CO₂-Emissionen mehr zu verursachen. Der eigentliche Gradmesser für erfolgreichen Klimaschutz seien aber nicht die Pläne der Regierungen, sondern das Messsignal in der Atmosphäre, erklärt Oksana Tarasova. "Wir müssen unsere Emissionen so schnell wie möglich reduzieren", sagt die Leiterin der Abteilung für Atmosphären- und Umweltforschung der WMO. "Den Verpflichtungen sollten nun Taten folgen."

Besorgniserregend seien der Genfer Organisation zufolge auch die Methanemissionen, die von 2019 auf 2020 sogar noch stärker angestiegen waren als von 2018 auf 2019. Methan ist für rund 16 Prozent der Erwärmung verantwortlich. Da es kürzer in der Atmosphäre verbleibt als CO₂, dafür aber stärker zur Erwärmung beiträgt, lassen sich Klimaforschern zufolge schnellere Erfolge beim Kampf gegen Klimawandel durch die gezielte Beseitigung von Methanquellen erzielen. Noch aber ist unklar, was genau den rapide steigenden Methanausstoß verursacht. Klimawissenschaftler vermuten, dass Feuchtgebiete in den Tropen und die Öl- und Gasförderung eine wichtige Rolle spielen.

Die Hauptquelle aller Treibhausgasemissionen ist dem Bericht zufolge die Verbrennung fossiler Energien. 14 Prozent ließen sich auf die Entwaldung zurückführen. Eine neue WMO-Auswertung von Flugzeugmessungen aus den Jahren 2010 bis 2018 belege, dass sich der Amazonas-Regenwald mehr und mehr von einem CO₂-Speicher zu einer CO₂-Quelle entwickle - insbesondere im Südosten und Nordosten der Region.

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