Süddeutsche Zeitung

Tierversuche:Chinesische Biologen klonen genveränderte Affen

Erstmals haben Wissenschaftler Klon-Versuche an Affen mit Genmanipulationen kombiniert. Die Primaten mit Gendefekt sollen der Erforschung des Biorhythmus dienen.

In China sind mehrere geklonte Affen mit einem absichtlich hervorgerufenen Gendefekt auf die Welt gekommen. Die fünf Makaken mit identischem Erbgut seien kürzlich im Institut für Neurowissenschaften der chinesischen Akademie der Wissenschaften in Shanghai geboren worden, teilte die Nachrichtenagentur Xinhua mit.

Die geklonten Affen sollten der Erforschung von Biorhythmusstörungen dienen, hieß es mit Verweis auf zwei Artikel im chinesischen Wissenschaftsmagazin National Science Review. Die Forschung konzentriere sich auf den sogenannten circadianen Rhythmus. Wenn er gestört ist, kann das beim Menschen Schlafstörungen auslösen und Krankheiten wie Diabetes oder Krebs begünstigen.

Eckhard Wolf vom Genzentrum der Ludwig-Maximilians-Universität München nannte das Forschungsergebnis eine "große logistische Leistung". Wenn ethisch und wissenschaftlich belegt sei, dass so ein Experiment notwendig ist, halte er es nicht für verwerflich. Man müsse sich aber die Frage stellen: "Was ist der Nutzen für den Menschen gegenüber dem Leid, den man dem Tier zufügt?" Das sei jedes Mal eine Einzelfallentscheidung, sagte Wolf.

Das Klonen von Affen ist aus ethischen Gründen umstritten

"Vorher gab es schon genmanipulierte Affen und geklonte Affen. Das hat man nun erstmals kombiniert", sagte Rüdiger Behr vom Leibniz-Institut für Primatenforschung in Göttingen. Die Vorteile sieht Behr darin, bessere Heilmethoden für Krankheiten zu finden. Das Erbmaterial von Individuen einer Art unterscheide sich in den Details erheblich. Das mache es schwer, Medikamente zu entwickeln, die bei jedem wirken. "Bei einer identischen Kopie fällt diese Variabilität weg, man erhält eine klarere Aussage", sagt der Stammzellenbiologe. Für Europa und Deutschland halte er solche Experimente nicht für machbar. "Wir haben keine Ambitionen zu klonen." Dies sei in Deutschland auch nicht vermittelbar.

Die Veröffentlichung folgt auf den Skandal um einen chinesischen Forscher, der im November die weltweit erste Geburt genmanipulierter Babys verkündet hatte. Eine weitere Frau ist derzeit noch schwanger. Sein Experiment hat weltweit Empörung ausgelöst. In einem Untersuchungsbericht der Regierung hieß es am Montag, der Forscher He Jiankui habe illegal gehandelt.

Auch das 2017 erstmals in China gelungene Klonen von Affen ist umstritten, weil Primaten dem Menschen generell sehr ähnlich sind und damit die Sorge vor einer Anwendung der Methode bei Menschen wächst. Xinhua berichtete, das neue Experiment sei vom Ethikkomitee des Instituts "in Übereinstimmung mit internationalen Standards für Tierforschung" überwacht worden. Bei den Äffchen manipulierten die Forscher den Angaben zufolge im embryonalen Stadium die Regelung des Biorhythmus, um zunächst einen geeigneten DNA-Spender zu schaffen. Dann suchten sie zum Klonen unter den genveränderten Affen jenen aus, der die deutlichsten genetischen Krankheitsmerkmale aufwies. Dessen Zellkern sei in eine kernlose Eizelle transferiert worden.

Während beim Klonversuch 2017 die Zellen von einem abgetriebenen Fötus zum Einsatz kamen, nutzten die Forscher laut Xinhua jetzt einen genveränderten männlichen Affen. "Es zeigt, dass außer einem Fötus auch ein geneditierter männlicher Affe für gebündeltes Klonen eingesetzt werden kann", sagte Qiang Sun von dem Shanghaier Institut. Das zeige, dass Chinas Klonprogramm heranreife. Der Direktor des Instituts, Muming Poo, sagte, dass sich die Forschung auf Modelle geklonter Affen mit verschiedenen Hirnkrankheiten konzentrieren werde. Mit ihnen solle auch die Wirksamkeit von Medikamenten getestet werden.

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