Bücher:Klimawandel und der Sinn des Lebens

Bücher, DVDs, Ausstellungen zu Themen rund um das Klima, den Menschen und die Geschichte. Unsere Tipps.

Am Schmelzpunkt

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Klimawandel ist nicht leicht zu fotografieren. Otto Olaf Becker war wochenlang im Eis unterwegs, zog den 90 Kilogramm schweren, roten Schlitten hinter sich her, musste immer wieder umkehren, weil gefährliche Spalten und Furchen den Weg versperrten. Grönlands Inlandeis taut auf, mächtige, blau glänzende Ströme durchziehen das Land.

Beckers Bilder dokumentieren verschwindende Landschaften und stellen unsere immer noch romantische Sicht auf die Natur infrage. Denn Landschaft ist nur noch selten als unabhängig vom Menschen vorstellbar, sie wird immer mehr gestaltet, geschaffen. Herausgeberin Nadine Barth hat großartige Fotografen wie Becker, Walter Niedermayr, Edward Burtynsky oder Hiroshi Sugimoto ausgewählt, deren Bilder von Wasser, Eis, Pflanzen und Land zeigen, was wir aus unserer Welt machen. Ein zu Recht prämierter Bildband.

Verschwindende Landschaften, von Nadine Barth (Hrsg.), Dumont, 49,90 Euro

Geschichte im Eilschritt

Schon der fünfzeilige Untertitel verrät, welch ambitioniertes Unternehmen Christopher Lloyd mit seinem Buch im Sinn hatte. Wer auf 500 Seiten zeigen will, wie alles mit allem zusammenhängt, vom Urknall vor 13,7 Milliarden Jahren über die Entwicklung des aufrechten Gangs, der Entstehung der Weltreligionen bis zur Suche nach erneuerbaren Energien heute, der muss zwangsläufig zusammenfassen und vereinfachen.

Lloyds großes Verdienst ist es, dem Leser trotzdem das Gefühl zu vermitteln, er erfahre ohne große Umwege alles Wissenswerte. Dabei verbergen sich oft hinter scheinbar unwichtigen Dingen große Zusammenhänge.

So erkranken Menschen heute beispielsweise an der Grippe, weil sie vor 10 000 Jahren Haustiere domestiziert haben. Schweine oder Ziegen übertrugen ihre Krankheiten auf den Menschen. Der verbreitete sie dann auf seinen Wanderungen und Eroberungszügen über die ganze Welt. Entstanden ist ein sehr liebevolles und übersichtlich gestaltetes Buch.

Um alles in der Welt, von Christopher Lloyd, Berlin Verlag, 24,90 Euro

Der Jazz des Lebens

Superrechner "Deep Thought" in Douglas Adams Roman "Per Anhalter durch die Galaxis" brauchte noch 7,5 Millionen Jahre, um den Sinn des Lebens zu klären. Seine Antwort "42" ist zwar lustig, aber nicht wirklich überzeugend. Das meint auch der britische Literaturtheoretiker Terry Eagleton, der in seinem schmalen Essay der Frage aller Fragen nachgeht, an die sich die Fachwissenschaftler schon lang nicht mehr wagen.

Mit Witz und Denkschärfe klärt Eagleton erst mal die Semantik der Frage, um dann die Antworten der Komiker, Schriftsteller und Philosophen auf ihre Brauchbarkeit abzuklopfen. Sympathisch ist es, wie er selbst das gelungene Leben skizziert: Er vergleicht es mit dem Improvisieren einer Jazzband, in der die Freiheit des Einzelnen mit der Freiheit der anderen harmoniert - völlig zweckfrei, aber sinnerfülllt.

Der Sinn des Lebens, von Terry Eagleton, Ullstein, 18 Euro

Alltag im Mittelalter

Es ist bemerkenswert, dass diese 363 Kupferstiche überhaupt erhalten geblieben sind. Mittelalterliche Stadtansichten dieser Qualität sind selten. Dass die Arbeiten von Georg Braun und Franz Hogenberg aus der Zeit um 1600 nun neu erscheinen, ist also lobenswert. Einerseits bieten die fantastischen Panoramen eine genaue Ansicht der Stadtstrukturen. Jedes Haus, jede Gasse, jeder Platz taucht auf und natürlich auch jedes besondere Bauwerk wie Kathedralen oder Paläste.

Doch noch beindruckender sind die Details am Rande, Alltagsszenen aus dem Spätmittelalter. Da holen Dutzende Fischer in Cadiz die Netze mit dem blauen Thun ein und warten am Strand mit großen Haken, um die Tiere zu töten. Da behauen Handwerker den Schiefer vor Angers, um Platten für die Häuser zu gewinnen. Und auf einem Hügel vor St. Pölten stehen Galgenbäume für die Aufständischen.

Städte der Welt, von Georg Braun und Franz Hogenberg, Taschen, 150 Euro

Lieber der zweite Mann

Buzz Aldrin (79), der zweite Mann auf dem Mond, ist einer von zehn Apollo-Astronauten, die im aktuellen Dokumentarfilm "Im Schatten des Mondes" ihre persönliche Geschichte des amerikanischen Raumfahrtprogramms erzählen.

SZ Wissen: Mr. Aldrin, wie groß war die Enttäuschung, als Sie vor 40 Jahren erfuhren, dass nicht Sie, sondern Neil Armstrong als erster Mensch den Mond betreten wird?

Aldrin: Kurz bevor die Entscheidung fiel, sagte ich zu meiner damaligen Frau: Vielleicht wäre es besser, wenn ich bei der ersten Landung überhaupt nicht dabei wäre. Dann müsste ich nicht posieren und repräsentieren, sondern könnte auf dem Mond interessante Dinge anstellen. Klingt das nach jemandem, der auch noch die zusätzliche Aufmerksamkeit des ersten Ausstiegs auf sich ziehen will?

SZ Wissen: Sie hatten Angst, sich vor 500 Millionen Fernsehzuschauern zu blamieren?

Aldrin: Angst würde ich nicht sagen, aber es war in meinen Augen eine große Herausforderung. Neil Armstrong hat einen wunderbaren Job gemacht, indem er die richtigen Worte zur richtigen Zeit gesagt hat: "Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein riesiger Sprung für die Menschheit".

SZ Wissen: Was hätten Sie an seiner Stelle gesagt?

Aldrin: Zum Glück musste ich mir das nie überlegen. Ich hätte sicherlich Rat bei anderen Menschen eingeholt. Warum auch sollte man von einem Kampfpiloten erwarten, sich ganz allein einen Satz für die Ewigkeit auszudenken?

SZ Wissen: Und was erwidern Sie Menschen, die behaupten, Buzz Aldrin und all die anderen Astronauten waren nie auf dem Mond?

Aldrin: Ich rede nicht mit denen. Warum sollte ich auch? Diese Menschen benutzen mich, um Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken. So jemand tut mir einfach nur leid.

Aus der Nahe

Alles dreht sich um Sex, doch Forscher haben erst in den vergangenen Jahrzehnten mit teils schrulligen Methoden begonnen, die Rätsel der menschlichen Sexualität zu lüften. Mary Roach schreibt darüber als eine Art teilnehmende Beobachterin: schwankend zwischen Selbstversuch und ironischer Distanz. Manchmal darf Sex auch lustig sein.

Bonk - Alles über Sex, von Mary Roach, Fischer Taschenbuch, 10,95 Euro

Den Sternen ganz nah

Für Hobbyastronomen gibt es Führungen durch das All, für Spezialisten detaillierte Informationen zu Himmelskörpern und animierte Ausflüge zu anderen Galaxien. Faszinierend ist es, sich draußen mit dem Laptop die Sterne erklären zu lassen, wie man sie genau in diesem Moment sieht.

RedShift 7 Premium, DVD für Windows, United Soft Media, 79,90 Euro

Inselgeschichte

Ein DDR-Spitzel, ein Sklavenhändler und eine Sultanstochter, die in Berlin staunend die Kolonialmacht ihrer Heimatinsel kennenlernt, zeichnen ein schillerndes Bild des afrikanischen Sansibar. Die wechselnden Erzähler und das ironische Spiel mit dem Mythos von 1001 Nacht machen den Roman lebendig.

Sansibar Blues, von Hans Christoph Buch, Eichborn, 28 Euro

Krieg der Welten

Vor 2500 Jahren drängten die Perser Richtung Westen, es war der erste Kampf Ost gegen West. Nur die Bürger von Sparta und Athen stellten sich entgegen - und siegten über die Herrscher des ersten Weltreichs. Dramatisch schildert Tom Holland die Schlachten wie die von Marathon, eindringlich sind seine Porträts der wichtigsten Akteure. Ein fesselndes Buch.

Persisches Feuer, von Tom Holland, Klett-Cotta, 29,90 Euro

DVD

Kräfte der Erde

Nord- und Südpol speisen die gigantischen Meeresströmungen, die sich um unseren Planeten ziehen. Sie halten unser Klima in Gang und ermöglichen das Leben im Meer. Gefährlich wird es, wenn die Umwälzungen zum Stillstand kommen. Dass dies keine Fiktion, sondern im Verlauf der Erdgeschichte bereits geschehen ist, erzählt der Astronaut Thomas Reiter während einer virtuellen Expedition durch die Ozeane. Genauso sehenswert, weil reich an spannenden Details, sind die vier anderen Folgen über Vulkane, die Atmosphäre, das Eis und das Leben allgemein.

Expedition Erde, zwei DVDs, Polyband, ca. 22 Euro

AUSSTELLUNG

Spurensuche

Was für manchen ein Ärgernis ist, war für Archäologen ein Glücksfall: ein simpler Müllhaufen. Natürlich nicht irgendeiner, sondern der aus dem Wohnhaus Martin Luthers. In detektivischer Kleinarbeit haben Forscher in alten Abfällen gewühlt und Erstaunliches gefunden. Als Kind spielte Luther mit Murmeln, als Erwachsener besaß er eine mechanische Uhr, auch über seinen Speiseplan lässt sich einiges sagen. Der Mensch Luther, zum Greifen nah. Fundsache Luther.

Archäologen auf den Spuren des Reformators, Theiss, 29,90 Euro; Sonderausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle, bis 26. April 2009

Präsentiert vom Piper-Verlag

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