Braunbären in den Pyrenäen:Waidmanns Beil

20 Bären leben in den Pyrenäen - damit es noch mehr werden, soll eine weitere Bärin ausgesetzt werden. Dagegen protestieren Viehzüchter, Jäger und Lokalpolitiker.

Stefan Ulrich

In den Pyrenäen sind die Bären los, es sind etwa 20. So viele Braunbären leben derzeit in der Gebirgsregion zwischen Frankreich und Spanien. Es sind Tiere, die aus Slowenien herbeigeschafft wurden, sowie deren Nachkommen. In diesem Frühjahr nun soll ein weiteres Weibchen ausgesetzt werden, um zwei isoliert in den Westpyrenäen lebenden Männchen zu Nachkommenschaft zu verhelfen. Für die Pro-Bären-Vereinigung Cap Ours ist das ein erster Schritt, für die Bärengegner ist es einer zu viel.

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Diese Bären sind nicht in Gefahr - sie leben im Bärenwald Müritz in Mecklenburg-Vorpommern. In den Pyrenäen müssen Braunbären dagegen um ihr Fell fürchten.

(Foto: dpa)

Sie drohen mit Aufstand. Am Wochenende demonstrierten in Pau etwa 200 Menschen: Viehzüchter, Jäger, und Lokalpolitiker. "Wut der Pyrenäen" stand auf ihren Banderolen. Der Viehzüchter Philippe Lacube kündigte an, das Kriegsbeil auszugraben: "Wir machen das zum casus belli. Wenn die Regierung eine Bärin aussetzt, ziehen wir in den Krieg." Er glaube aber nicht, dass die Regierung ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl die Pyrenäen "in Brand setzen" wolle.

Die Regierung nimmt den Bären-Streit sehr ernst. Schließlich hat es im Jahr 2006 schon einmal wilde Proteste gegen die Freilassung von fünf slowenischen Bären in den Pyrenäen gegeben. Damals beschmierten die Gegner das Rathaus des Ortes Arbas, einer Hochburg der Bärenfreunde, mit Schafsblut und verbrannten eine hölzerne Bärenattrappe. Auch kam es in den vergangenen Jahren zu Anschlägen auf die Tiere, mit vergiftetem Fleisch und mit präpariertem Honig, in den Glasscherben gemischt worden waren.

Das soll sich nicht wiederholen, schon allein, weil die Ansiedelung eines Bären Hunderttausende Euro kostet. Deshalb konnten die Bürger der Pyrenäen-Gemeinden bis zum vergangenen Wochenende ihre Meinung zur Bären-Frage an die Präfektur in Pau schreiben, der Hauptstadt des Départements Pyrénées-Atlantiques. Von dort werden die Briefe nun an das Umweltministerium weitergeleitet. Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet verspricht, die Ansicht der Bürger zu berücksichtigen.

Doch die Bären-Gegner trauen dem Ministerium nicht. Sie argwöhnen, es sei längst alles entschieden - zugunsten der Neu-Bärin. Die Volksbefragung sei eine Farce. Zudem überreichten die Gegner der Präfektur 6300 Protest-Briefe. Sie sagen, die Bären rissen Schafe und Ziegen, machten den Menschen Angst und passten nicht mehr in die Landschaft. Auch würden die Pyrenäen neuerdings wieder von Wölfen heimgesucht, und von immer mehr Geiern. Das Gebirge dürfe aber keine Wildnis werden wie etwa der Yellowstone-Nationalpark. Es müsste eine Kulturlandschaft bleiben, offen für Bergbauern und Touristen.

Auch die Bären-Freunde, zu denen die Präsidentengattin Carla Bruni gezählt wird, haben reichlich Material eingereicht. Ihr Dachverband Caps Ours legte dem Präfekten 16000 Unterschriften vor. Die Unterzeichner fordern, es nicht bei einer neuen Bärin bewenden zu lassen, sondern so viele Tiere auszusetzen, dass sich in den Pyrenäen wieder eine eigene Bärenpopulation erhalten kann. Etwa 50 Tiere müssten dafür in dem Gebirgszug leben, schätzen Wildbiologen. "Der Mensch und die Bären haben immer zusammengelebt", argumentiert Cap Ours. Sie gehörten gemeinsam zu den Pyrenäen. Weder die einen noch die anderen dürften verschwinden.

Von Hirten gefürchtet und wegen ihres Fleischs und Fells begehrt, wurden die Bären auch in Frankreich seit dem Mittelalter stark bejagt. Anfang des vergangenen Jahrhunderts kamen sie nur noch in den Pyrenäen vor. Auch dort drohte ihnen die Ausrottung. Zwar wurde 1972 die Bärenjagd untersagt, aber das Verbot kam zu spät. Im November 2004 starb Cannelle, die letzte ursprüngliche Bärin Frankreichs, an der angeblich verirrten Kugel eines Wildschwein-Jägers.

Da Frankreich nach europäischem Recht verpflichtet ist, die Braunbären zu erhalten, begann die Regierung, Tiere aus dem Ausland einzusetzen. Sie kaufte dafür Bären aus Slowenien, die den Pyrenäen-Bären genetisch besonders ähnlich sein sollen. Insgesamt wurden so acht Bären in das französisch-spanische Grenzgebirge gebracht. Sie bekamen seither etliche Junge. Cap Ours sieht darin den Beleg, dass sich die slowenischen Bären gut eingelebt haben.

Bären sind Allesfresser. Sie ernähren sich meist von Pflanzen und Aas, verschmähen aber auch lebende Tiere nicht. Die französischen Behörden geben an, 2010 seien 167 Schafe und Ziegen von Bären gerissen worden. Die Viehhalter werden dafür entschädigt. Das reicht ihnen offenbar nicht - sie rücken den Bären weiter auf den Pelz.

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