Süddeutsche Zeitung

Bisphenol A:"Verwendung beschränken"

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Das Umweltbundesamt warnt erneut eindringlich vor dem Plastikgrundstoff Bisphenol A. Der Stoff ist unter anderem in Plastikflaschen und anderen Lebensmittelverpackungen enthalten.

Hanno Charisius

Das Umweltbundesamt empfiehlt den Gebrauch der Massenchemikalie Bisphenol A (BPA) vorsorglich einzuschränken. Es gebe Hinweise auf "mögliche Risiken für die menschliche Gesundheit", warnt das Amt in einem Hintergrundbericht, den es am Mittwoch vorgestellt hat.

Solange die Bedenken nicht ausgeräumt seien, solle die Industrie andere Stoffe verwenden. BPA dient vor allem als Ausgangsstoff für Polycarbonat, einem Kunststoff aus dem etwa Gehäuse für elektronische Geräte, Flaschen und Behälter für Lebensmittel hergestellt werden.

BPA steckt auch in Epoxidharzlacken, mit denen die Innenseite von Getränke- und Konservendosen beschichtet ist. Aus Verpackungen können kleine Mengen BPA in die Nahrung wandern.

Tierversuche an Säugetieren und Fischen haben gezeigt, dass bereits Spuren von BPA wie das weibliche Sexualhormon Östrogen wirken. "Die Chemikalie ist zwar weniger potent als das natürliche Hormon, stört aber nachweislich bei einigen Organismen die Fortpflanzung", schreiben die Autoren des Berichts.

Auch die neurologische Entwicklung von Neugeborenen kann durch die Substanz gestört werden. Zudem wurde erst kürzlich ein möglicher Zusammenhang zwischen BPA-Belastung und Herzleiden beschrieben.

Viele der Studien sind zwar widersprüchlich, dennoch ergebe sich "aus fachlicher Sicht" ein "ausreichendes Besorgnispotenzial" und "Handlungsbedarf", heißt es in dem Hintergundpapier. "Das UBA spricht sich darum dafür aus, vorsorgend tätig zu werden und die Verwendung einiger Produkte zu beschränken."

Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist nicht zufällig gewählt. Am Ende des Monats will die zuständige europäische Behörde für Nahrungsmittelsicherheit EFSA eine Neubewertung ihrer Position veröffentlichen.

Die EU-Behörde steht in der Kritik, weil sie erst kürzlich die Grenzwerte für BPA in Nahrungsmitteln gelockert hatte. Dänemark und Frankreich haben bereits im Alleingang strengere Regeln erlassen - und Kanada hat vorsorglich BPA-haltige Babyflaschen verboten.

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Quelle:
SZ vom 10.06.2010
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