Biologische Globalisierung:Sie sind mitten unter uns

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Fremde Wesen aus fernen Ozeanen unterwandern das Mittelmeer, und machen sich auch vor Badeorten breit. Oft sind es auch gefährliche Arten, die durch ungebremste Ausbreitung ganze Ökosysteme ins Wanken bringen.

Von Titus Arnu

Um von diesem Fisch zu erzählen, brauchte der Angler am Ufer der Garonne kein Latein: An seinem Haken zappelte ein Piranha. Ein Aquarienbesitzer hatte den gefährlichen Fisch offenbar ausgesetzt.

(Foto: Foto: Stuart Westmorland/Corbis)

Im milden südfranzösischen Klima fühlte sich das bissige Biest ziemlich wohl. Gefährlich sind Piranhas zum Glück nur, wenn sie in Massen auftreten. Eine Schreckensnachricht war der Vorfall Europas Zeitungen trotzdem wert.

Ernste Horrormeldungen kommen indes aus Italien, Spanien, der Türkei und Israel. Das östliche Mittelmeer wird von der Qualle Rhopilema nomadica heimgesucht, die bis zu einem Meter groß wird und Menschen mit ihren Nesseln schwer verletzen kann. In Italiens Badebuchten wuchern giftige Algen. Gefräßige Räuber aus dem Indopazifik dezimieren in der Adria heimische Fischarten.

Von Indien nach Israel

Vor der israelischen Küste gingen einem Fischer ein giftiger Rotfeuerfisch und ein Igelfisch ins Netz - stachelige Exoten, die eigentlich im Indischen Ozean zu Hause sind. Und an der ligurischen Küste wurde ein Hammerhai aus dem Atlantik gesichtet.

Hat Frank Schätzing Recht? Droht wie in seinem Unterwasser-Thriller "Der Schwarm" ein weltweiter Angriff der Meeresbewohner? Auf den ersten Blick wirken die Meldungen über gefährliche Quallen, giftige Algen, bissige Fische und miese Muscheln tatsächlich wie die Rache der Natur.

Kaum ein Urlauber, der sich im türkisblauen Wasser des Mittelmeers treiben lässt, ahnt nur ansatzweise, wie viele fremdartige Wesen in der Tiefe unter ihm schwimmen. Von den 12.000 verschiedenen Spezies aus Flora und Fauna, die im Mittelmeer leben, sind fast ein Zehntel eingewanderte Arten. Die Aliens sind unter uns.

20 Millionen Urlauber zieht es jeden Sommer an Südeuropas Strände. Die Invasion der deutschen, holländischen und britischen Touristen in den Mittelmeerraum ist auch in diesen Wochen in vollem Gang, mit allen negativen Auswüchsen. Die Invasion der fremden Tiere und Pflanzen läuft diskreter ab, hat aber schwer wiegendere Folgen.

Zerstörung ganzer Ökosysteme

Ein kleiner Teil der Fremdlinge stammt aus Aquarien und Aquakulturen, der weitaus größere Teil ist selbst angereist. Die Exoten senken die Fischerträge um bis zu 90 Prozent und zerstören ganze Ökosysteme. Nach einem Bericht der Nasa, die tierische und pflanzliche Invasionen in Zukunft aus dem All verfolgen will, verursachen eingewanderte Arten weltweit einen Schaden von mehr als 80 Milliarden Euro.

Meeresbiologen registrierten in den letzten zehn Jahren mehr als 120 neue Fischarten im Mittelmeer, die meisten davon stammen aus dem Roten Meer. Die europäische Meeresforschungsgesellschaft CIESM (Commission Internationale pour l'Exploration Scientifique de la mer Méditerranée) dokumentiert den Artenzuwachs im "Atlas der exotischen Fische". Als "Alien" gilt eine Art, wenn sie außerhalb ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes gefunden wird, als "invasiv", wenn sie einheimische Arten verdrängt.

Im Abstand von wenigen Monaten tauchen neue Bewohner im Mittelmeer auf, zuletzt der gestreifte Korallenwels, die Seepferdchenart Hippocampus fuscus Rüppell oder der Blauband-Papageienfisch (alle aus dem Indischen Ozean). Anfang 2005 meldete die CIESM fast 50 fremde Muschelarten.

Auch Krebse und Weichtiere sind betroffen

Nicht weniger dramatisch ist die Entwicklung bei Krebsen und Weichtieren (zusammen über 200 Neuzugänge). Auch weltweit gesehen nimmt der Reiseverkehr exotischer Spezies zu. Die europäische Strandkrabbe etwa krabbelt heute nicht nur an europäischen Stränden, sondern auch an amerikanischen, südafrikanischen, australischen und japanischen.

Auf ihrer Weltreise hat die Krabbe neue Gewohnheiten entwickelt. In amerikanischen Gewässern ernährt sie sich am liebsten asiatisch - sie frisst Muscheln, die aus Korea eingeschleppt wurden. Für Ökologen ist die Bioinvasion - neben der Zerstörung der Lebensräume durch den Menschen - die heftigste Gefahr für die globale Artenvielfalt.

"Das Einschleppen schädlicher Wasserorganismen und Bakterien gehört zu den größten Bedrohungen der Ozeane", sagt Efthimios Mitropoulos, Generalsekretär der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO, die den Vereinten Nationen angegliedert ist. Warum die weltweite Verbreitung von Meereslebewesen so stark zunimmt, lässt sich am Mittelmeer besonders gut beobachten. Denn die Zahl der Einwanderer steigt dort schneller als anderswo.

Modernes Phänomen

Bis vor etwa 100 Jahren überlebten die wenigsten exotischen Einwanderer im mediterranen Klima. Oft verloren die neuen Bewohner den Konkurrenzkampf gegen die einheimischen Arten, die besser an die örtlichen Gegebenheiten angepasst waren.

Heute ist das anders. In den vergangenen zwanzig, dreißig Jahren stieg die Verbreitung von Arten erstaunlich schnell an. Zu den wichtigsten Ursachen für die Wanderung der Wasserwesen zählen Meeresforscher den Schiffsverkehr, den zunehmenden Salzgehalt und die steigenden Wassertemperaturen.

Für die menschlichen Touristen aus dem Norden ist das warme Meerwasser ebenso verlockend wie für tierische Touristen aus dem Süden. An der spanischen Küste und bei den Balearen wurden im Hitzesommer 2003 Wassertemperaturen von 30 und stellenweise sogar von 32 Grad Celsius gemessen, die höchsten Werte seit 50 Jahren. Normalerweise ist das Wasser dort zu dieser Jahreszeit 25 bis 26 Grad warm.

Der italienische Meeresbiologe Nike Bianchi hat festgestellt, dass die Temperatur im gesamten Mittelmeer in den vergangenen zehn Jahren um etwa zwei bis drei Grad angestiegen ist. Die Folgen lassen sich bis in die Adria ausmachen: Dort hat der italienische Biologe Giambattista Bello aus Bari bereits eine "Tropikalisierung" der maritimen Fauna beobachtet.

Ballastwasser aus Schiffen ist eine der Hauptursachen für die weltweite Verbreitung von Arten. Meeresforscher fanden in einem Liter bis zu 4000 Lebewesen. (Foto: Foto: Dr. S. Gollasch)

Fische und Krustentiere aus dem Indischen Ozean fühlen sich vor Italiens Küsten mittlerweile ziemlich wohl. Den Einwanderern aus dem Roten Meer, die sehr salziges Wasser gewohnt sind, kommt auch zugute, dass der Salzgehalt des mediterranen Wassers stetig zunimmt. Anders als in den übrigen Ozeanen steigt der Wasserspiegel im Mittelmeer nicht an. Das Wasser verdunstet schneller, als es nachfließen kann. In Folge dessen wächst der Salzgehalt kontinuierlich.

Das Mittelmeer hat nur Zuflüsse

Verhindern lässt sich die Invasion kaum. Denn die Fremd-Fische können auf natürlichem Weg in das Mittelmeer einwandern, ohne dass es ein Mittel dagegen gibt. Durch die Meerenge von Gibraltar fließen pro Sekunde 1,5 Millionen Kubikmeter Wasser, das entspricht rund 500-mal der Wassermenge der Niagarafälle.

Mit dieser Strömung kommen Schwärme von Atlantikbewohnern, von Quallen über Makrelen bis zu Walen. Seit 1869 der Suezkanal eröffnet wurde, steht den Nomaden der See auch der Weg vom Indischen Ozean ins Mittelmeer offen. Dabei war die Durchreise für die Tiere anfangs noch äußerst riskant. Nach seiner Fertigstellung war der Kanal nur sieben Meter tief und zwischen sechzig und hundert Meter breit.

Im seichten Wasser waren Fische, Krebse und Muscheln starken Temperaturschwankungen ausgesetzt. Der Kanal führte zudem durch so genannte Bitterseen mit einem extrem hohen Salzgehalt. Nur die robustesten Spezies überlebten das. Die Wasserstraße wurde aber immer weiter ausgebaut, bis sie Containerschiffen und Tankern genügte, was auch den Tieren die Passage erleichterte. Heute ist der Suezkanal bis zu 365 Meter breit und über 20 Meter tief.

Positive Nebeneffekte

Ohne die Fressfeinde aus der Heimat können sich viele Invasoren massenhaft vermehren. Manchmal ist das sogar gut, denn unter den Einwanderern sind auch einige nützliche Arten. In der Lagune von Venedig zum Beispiel haben sich asiatische Teppichmuscheln so massenhaft vermehrt, dass durch ihre Kiemenfilter das Lagunenwasser wieder klarer geworden ist.

Und über Meerbarben aus dem Roten Meer, Taschenkrebse aus dem Atlantik und Riesengarnelen aus Ostasien freuen sich Fischer und Köche, denn diese Einwanderer sind ausgesprochen wohlschmeckend.

Mehr als die Hälfte der Garnelen, die im Mittelmeer gefangen werden, sind mittlerweile die bei Feinschmeckern beliebten Tigergarnelen. Die ostasiatischen Schalentiere haben sich vom Suezkanal aus bis nach Tunesien ausgebreitet.

Bei vielen Arten wünschen die Mittelmeer-Anwohner allerdings, die Einwanderer wären geblieben, wo sie hergekommen sind. Die Qualle Rhopilema nomadica etwa gelangte durch den Suezkanal ins Mittelmeer. Ende der siebziger Jahre tauchte vor der israelischen Küste ein einzelnes Exemplar auf. Heute treiben ganze Schwärme, oft über hundert Kilometer lang, im östlichen Mittelmeer.

Zunahme gefährlicher Quallen

Schwimmer fürchten das gallertartige Wesen, denn die giftigen Nesseln der Qualle können böse Wunden hervorrufen. An vielen Sommertagen sind israelische Strände deswegen gesperrt - Quallenalarm. Auch die Fischer hassen die Glibber-Monster, denn sie stören das ökologische Gleichgewicht.

"Es ist eine Pest", klagt die israelische Meeresforscherin Bella Galil, "die Schwärme sind wie Staubsauger und fressen alles leer." Die Quallenplage hat verheerende Folgen nicht nur für den Fischfang. Die bis zu einem Meter großen Tiere verstopfen auch Wasserzuleitungen von Elektrizitätswerken und Kühlsysteme von Schiffsmotoren. Warum sich Rhopilema nomadica so stark vermehrt, wissen die Meeresforscher nicht und es ist auch noch kein Gegenmittel bekannt.

Eine ähnliche Quallenplage legte den Fischfang im Schwarzen Meer und im Kaspischen Meer fast komplett lahm. Mnemiopsis leidyi stammt aus dem Nordatlantik und zählt genau genommen nicht zu den Quallen, sondern zu den Ctenophoren. Diese haben keine Giftnesseln, mit denen sie ihre Opfer vor dem Verzehr lähmen.

Fremde Quallen im Wettstreit

Mit Frachtschiffen aus dem Nordatlantik gelangten Larven der Mnemiopsis leidyi als blinde Passagiere ins Schwarze Meer. Später führte ihr Weg im Kielraum von Schiffen weiter über die Asow-See und durch den Leninkanal bis ins Kaspische Meer.

Die fressgierige Qualle hat dort im Gegensatz zu ihrem Herkunftsgebiet um Florida keine Feinde und findet reichlich Nahrung. Sie frisst sowohl Zooplankton als auch Eier und Larven des Kilka-Fisches, einer Art Sardelle. Auf diese Weise dezimiert das wirbellose Tier den Fischbestand.

Das wohlgenährte Gallert-Wesen bringt es auf 8000 Nachkommen pro Tag, die innerhalb von zwei Wochen geschlechtsreif sind. Die guten Tage der gefräßigen Mnemiopsis im Schwarzen Meer waren gezählt, als die Melonenqualle anreiste, eine Verwandte der amerikanischen Rippenqualle.

Die Melonenqualle ernährt sich fast nur von Mnemiopsis. Daraufhin nahmen heimische Planktonarten und die Sardellenbestände wieder deutlich zu. Glücklicherweise frisst die Melonenqualle die Mnemiopsis-Bestände so radikal weg, dass sie ihre eigene Nahrungsgrundlage zerstört und somit selbst zugrunde geht. Ob diese Selbstzerstörungsmethode auch im Kaspischen Meer funktioniert, versuchen Forscher gerade herauszufinden.

Eingeschleppt durch Schiff-Ballastwasser

Ohne die Verschleppung von Organismen im Ballastwasser von Schiffen gäbe es das Quallenproblem im Kaspischen Meer wahrscheinlich nicht. Passagier- und Frachtschiffe pumpen je nach Ladung und Seegang Meerwasser in verschiedene Kammern, um die Lage zu stabilisieren. Dabei gelangen auch allerhand Lebewesen an Bord - vom Einzeller bis zum ausgewachsenen Raubfisch.

Der deutsche Meeresbiologe Stephan Gollasch hat nachgewiesen, dass täglich 4000 Arten in den Ballasträumen und an den Außenwänden von Schiffen um die Welt schippern. Allein in deutschen Gewässern werden 20 Millionen Tonnen Ballastwasser pro Jahr abgelassen. "Jedes einzelne Schiff kann genügend Organismen einer Art mitbringen, um damit neue Populationen zu gründen", sagt Gollasch, der auch die Bundesregierung in meeresökologischen Fragen berät.

Der Verkehr im Mittelmeer ist eine der Hauptursachen für den steigenden Import von Arten. Allein durch den Suezkanal fahren pro Jahr mehr als 15000 Frachter, Tanker und Passagierdampfer. Systematische Untersuchungen darüber, welche Spezies per Schiff in mediterrane Häfen gelangen, existieren bislang nicht. Die Kommission zur Erforschung des Mittelmeers CIESM hat deswegen das Projekt PORTAL ins Leben gerufen.

Projekt zur Erforschung und Überwachung

Diese Vereinigung könnte einmal eine ähnliche Aufgabe übernehmen wie die "Men in Black" im gleichnamigen Science-Fiction-Film die Überwachung von Aliens. In zunächst neun Häfen von Barcelona bis Hadera sollen künftig regelmäßig Wasser- und Sedimentproben genommen werden. Die gewonnenen Informationen über die fremden Lebensformen fließen langfristig in eine weltweite Alien-Datenbank ein. Einen Anfang hat die CIESM mit dem "Atlas der exotischen Spezies" gemacht.

Neben den Zuwanderern, die im Ballastwasser oder auf dem Wasserweg anreisen, gibt es immer mehr Spezies, die vom Menschen absichtlich in neuen Umgebungen angesiedelt werden, wo sie sich dann unkontrolliert vermehren. Manche Exoten stammen aus Aquarien. Im Fachblatt Frontiers in Ecology and the Environment weisen amerikanische Biologen darauf hin, dass der Handel mit Zierorganismen eine noch größere Bedrohung darstellt als das Ballastwasser.

Von den hundert schädlichsten Fremdarten in den USA wurde ein gutes Drittel absichtlich importiert, um Aquarien oder Vorgärten zu verschönern. Auch in Deutschland sind diverse Zwergwelse, Störarten und Blauband-bärblinge aus Aquarien in fließende und stehende Gewässer geraten. Selbst wärmebedürftige tropische Fische finden in Mitteleuropa mancherorts ideale Bedingungen - dort, wo Kraftwerke ihr erhitztes Kühlwasser zurück in die Flüsse leiten.

Gefährliche Aquarienbewohner

Wie gefährlich Aquarienbewohner in der Freiheit werden können, hat die Alge Caulerpa taxifolia im Mittelmeer bewiesen. Mitte der achtziger Jahre gelangte die tropische Pflanze in italienische Gewässer, vermutlich aus Aquarien, in denen sie ihrer kräftigen grünen Farbe wegen gerne gehalten wird.

Sie ist leicht giftig, weshalb sie von den meisten Meeresbewohnern nicht gefressen wird. Wo Caulerpa einmal wächst, sind 75 Prozent der heimischen Arten bedroht; das hat der auch als Killeralge bekannt gewordenen Seepflanze einen unangefochtenen Platz auf der Liste der hundert schlimmsten invasiven Arten der Erde gesichert.

Gibt es überhaupt einen Schutz vor Bioinvasoren? Die Straße von Gibraltar lässt sich so leicht nicht abriegeln und den Suezkanal will auch niemand schließen. Um wenigstens die Verschleppung von Organismen durch Ballastwasser in Zukunft zu verhindern, haben 74 Mitgliedstaaten der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO die "Ballast Water Management Convention" beschlossen.

Die Konvention sieht vor, dass alle Schiffe ihr Ballastwasser 200 Seemeilen von der nächsten Küste entfernt und über einer Meerestiefe von mindestens 200 Metern austauschen. Ob die Konvention wirksam die Einwanderung von fremden Arten verhindert, ist zweifelhaft. Denn Ratifizierung und technische Umsetzung sind noch offen.

Selbst wenn es eine politische Einigkeit geben sollte über den Umgang mit dem Ballastwasser - es ist längst nicht sicher, wie das Problem in der Praxis gelöst werden kann. BP Oil Shipping, die Schifffahrtstochter des Ölmultis, erprobt zurzeit ein chemisches Reinigungsverfahren namens SCX 2000, bei dem Ozon in die Tanks gepumpt wird, um fremde Organismen zu vernichten. Das Problem dabei ist, dass Ozon die Korrosion der Schiffswände verstärkt.

Die britische Kreuzfahrtgesellschaft P&O Princess setzt an Bord ihrer neuen Dampfer auf Strahlenbehandlung. Bei dem neuartigen Verfahren namens "Optimar Ballast System" wird das Ballastwasser mehrfach gefiltert; die ausgesonderten Organismen werden anschließend durch intensive UV-Strahlung getötet.

Eine andere Möglichkeit zur Bekämpfung von unerwünschten Gästen ist der Entzug von Sauerstoff. Diese Variante hätte einen günstigen Nebeneffekt, denn sauerstoffarmes Wasser greift die Innenwände der Tanks weniger an als normales Meerwasser.

Kein Ende in Sicht

Bis ein wirksames Verfahren gefunden ist, wird die Invasion der Exoten noch zunehmen. Denn der Suezkanal soll bis zum Jahr 2010 für Supertanker ausgebaut werden. Für die kommenden 20 Jahre sei im Mittelmeer mit einer Steigerung des Seeverkehrs auf das Drei- bis Vierfache zu rechnen, schätzt die Wissenschaftsorganisation CIESM. Manche Forscher prophezeien deshalb schon sarkas-tisch ein neues Erdzeitalter, das "Homogozän", die Ära, in der überall auf der Erde die gleichen Tier- und Pflanzenarten vorkommen und einige wenige, genormt erscheinende Ökosysteme.

Andere sprechen profaner von der "McDonaldisierung der Biosphäre". In dieser Vision machen sich Ratten, Ziegen und Schweine, Kaninchen, Feuerameisen, Wespen und Zebramuscheln weltweit breit, bis die Fauna globalisiert ist.

Die israelische Meeresforscherin Bella Galil nimmt die McDonaldisierungs-These wörtlich. Sie weist darauf hin, dass Rhopilema nomadica essbar ist. Die Schwärme wären im Mittelmeer leicht zu dezimieren, wenn die Europäer ebenso viel Quallengerichte verspeisen würden wie die Japaner. Galil hat ihr Forschungsobjekt schon öfter gekostet und war ganz angetan. "Als Suppe oder Salat schmeckt Qualle gar nicht so schlecht", sagt sie. "Vielleicht wäre das eine gute Idee: Iss die Aliens einfach auf!"

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