Süddeutsche Zeitung

Biologie:Schrei nach Liebe

Männliche Zapfenglöckner singen auf der Balz ohren­betäubende Ständchen. Sie sind die lautesten Vögel der Welt.

Von Nora Ederer

Partnersuche ist ein harter Wettkampf. Wer seine Konkurrenten ausstechen will, muss etwas zu bieten haben. Im Falle des männlichen Zapfenglöckners ist dies maximale Lautstärke. Die weißen, taubengroßen Sperlinge singen ihrer Auserwählten ohrenbetäubende Ständchen vor. Damit sind sie die lauteste Vogelart der Welt, wie Biologen nun im Fachjournal Current Biology berichten.

"Obwohl schon länger bekannt war, dass Zapfenglöckner sehr laut sind, hatte bisher noch niemand untersucht, wie laut sie tatsächlich sind", sagt Jeff Podos von der University of Massachusetts. Zusammen mit dem brasilianischen Ornithologen Mario Cohn-Haft hat er Vogelgesänge in den Bergen des nördlichen Amazonas aufgenommen. Und tatsächlich: Der geräuschvollste Sänger war der Zapfenglöckner.

Bislang hatte der Schreiende Piha den Titel inne. Doch Zapfenglöckner singen dreimal mal lauter, sobald sie ein attraktives Weibchen für sich gewinnen wollen; in den neuen Aufnahmen erreichten sie etwa 113 Dezibel.

"Wenn Zapfenglöckner ihr lautestes Lied singen, dann sind sie definitiv lauter als ein Presslufthammer oder eine achtspurige Autobahn", sagt Podos. "Auf mich wirkt es so, als wären sie so laut wie die lautesten Töne einer Trompete." Deshalb wundert es den Biologen auch, dass die Weibchen von dem Gesang ihrer Verehrer keine Gehörschäden davontragen.

Doch wie können die Zapfenglöckner überhaupt so starke Geräusche erzeugen? Das hat wahrscheinlich mit ihrem großen Schnabel zu tun, sagt Podos. "Wenn sie ihn weit aufreißen, dann können sie damit einen ähnlichen Effekt erzeugen wie das ausgestellte Ende einer Trompete oder Posaune." Je lauter der Gesang wird, desto kürzer können ihn die Vögel allerdings durchhalten.

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Quelle:
SZ vom 23.10.2019
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