Süddeutsche Zeitung

Bioinvasion:Einfallstore für fremde Arten

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Vor allem Riesenhäfen wie Hongkong und Singapur sind die Einfallstore, über die Tier- und Pflanzenarten weltweit in neue Lebensräume eindringen. Dort gefährden sie häufig die einheimischen Arten.

Als Folge der zunehmenden Globalisierung des Handels haben sich in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr Tier- und Pflanzenarten immer schneller weltweit ausgebreitet. Die wichtigsten Einfallstore für das Einschleppen fremder Tier- und Pflanzenarten aus dem Meer sind vielbefahrene Häfen und Schifffahrtsrouten.

Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Universitäten Oldenburg und Bristol, die die globalen Transportwege von per Schiff verbreiteten " Bioinvasoren" erkundete. Die Modellrechnungen zeigten "alle die gleichen Hotspots und Hochrisikorouten für Bioinvasion an", sagte Michael Gastner von der University of Bristol.

Wahre "Ballungszentren der Bioinvasion" sind nach Angaben der Forscher aus Deutschland und Großbritannien schon aufgrund ihrer Verkehrsdichte Riesenhäfen wie Hongkong und Singapur, New York oder Long Beach (Los Angeles), sowie der Panama- und der Suezkanal.

Die Wissenschaftler analysierten fast drei Millionen Schiffsbewegungen von mehr als 32.500 Schiffen aus den Jahren 2007 und 2008. Wie sie in der Fachzeitschrift Ecology Letters berichten, ist es aber nicht allein die Zahl der Schiffsbewegungen, die das Risiko des Einschleppens von Tieren und Pflanzen in Ballastwassertanks oder am Rumpf erhöht.

Besondere Bedeutung haben die Vorschriften in den Häfen zum Umgang mit dem Ballastwasser, das dort vor allem nach Leerfahrten abgepumpt wird. Zwar existiert bereits ein Abkommen im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO), welches Umweltschäden reduzieren soll. Allerdings ist es bislang noch nicht in Kraft getreten, da noch zu wenige Staaten das Abkommen ratifiziert haben.

Das Expertenteam identifizierte zusätzliche Faktoren, darunter den Schiffstyp sowie die Gegebenheiten am Start- und Zielpunkt. So fahren Containerschiffe schneller als Öltanker und könnten deshalb die Invasion von fremden Arten beschleunigen. Entscheidend seien darüber hinaus auch die Wassertemperaturen und die gesamte Biogeografie.

So sei das Risiko des Einschleppens fremder Arten in der ebenfalls stark befahrenen Nordsee mit großen Seehäfen wie Hamburg (Top 14 weltweit) relativ gering. Die großen Nordsee-Häfen seien zwar ebenfalls wichtige Zielpunkte für Schiffe aus Asien, die niedrigen Wassertemperaturen sorgten allerdings dafür, dass aus wärmeren Gebieten "mitgereiste" Tiere und Pflanzen weitaus geringere Überlebenschancen hätten.

Ähnliche natürliche Bedingungen wie in der Nordsee gebe es lediglich an der US-Ostküste mit ihren Häfen wie New York. "Wir haben unsere Modellergebnisse mit Felddaten verglichen. Und tatsächlich, die meisten invasiven Arten, die in der Nordsee vorkommen, haben ihre Heimat an der nordamerikanischen Ostküste", erklärte Hanno Seebens von der Universität Oldenburg.

Mit ihren "Invasionsrisiko"-Karten wollen die Forscher den Kampf gegen die Ausbreitung fremder Tiere und Pflanzen unterstützen. "Bioinvasoren" können im schlimmsten Fall einheimische Arten verdrängen und ganze Ökosysteme verändern. Beispiele dafür sind etwa die Chinesische Wollkrabbe, die europäische Zebramuschel oder Rippenquallen.

Die Experten haben aber auch eine Lösung für das weltweite Problem anzubieten: "Der beste Schutz gegen Bioinvasion ist es, sie einfach nicht zuzulassen. Das bedeutet, dass potenzielle Invasoren einfach nicht von Bord dürfen", sagte Bernd Blasius aus Oldenburg. Das Ballastwasser auf Schiffen müsse permanent mit Filtern, Chemikalien oder keimtötendem UV-Licht gereinigt werden. Sollte es gelingen, die Anzahl der Arten dort um 25 Prozent zu verringern, würde das Risiko von Bioinvasionen um mehr als die Hälfte sinken.

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